Maikundgebungen: Gegen den „Casino“-Kapitalismus
Verdi will Managergehälter mit 80Prozent besteuern.
Berlin. Die Gewerkschaften haben bei ihren traditionellen Kundgebungen am 1. Mai vehement gefordert, die Reichen angesichts der Wirtschaftskrise stärker zur Kasse zu bitten. Verdi-Chef Frank Bsirske machte sogar den Vorschlag, Managergehälter bis zu 80 Prozent zu besteuern.
Bei der zentralen Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbunds in Bremen sagte dessen Chef Michael Sommer: "Die von skrupellosen Casino-Kapitalisten und gewissenlosen Spekulanten ausgelöste weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise bedroht mittlerweile zig Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in ihrer Existenz."
Insgesamt kamen mit 484 000 Menschen nach Gewerkschaftsangaben rund 70 000 mehr Bürger zu den Veranstaltungen als noch vergangenes Jahr. Zentrales Thema waren die Folgen der tiefsten Wirtschaftskrise seit rund 80 Jahren.
Der DGB kritisierte, dass mehrere Veranstaltungen von Rechtsextremen gestört worden seien. "Das hat schon eine neue Qualität", sagte der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg. In Dortmund wurden Teilnehmer einer DGB-Kundgebung laut Polizei massiv mit Holzstangen und Steinen attackiert. Nach den Ausschreitungen nahm die Polizei etwa 200 Rechtsradikale vorläufig fest.
Die Gewerkschaftsführer mahnten, die "kleinen Leute" in der Krise nicht zu vernachlässigen. Besonders mit Bankern gingen sie hart ins Gericht. IG-Metall-Chef Berthold Huber forderte in Saarbrücken einen Schutzschirm für Arbeitnehmer. "Wir sind in der schwersten Krise des Kapitalismus seit der großen Depression 1929", sagte Huber.
SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier bot den Gewerkschaften einen Schulterschluss an. Auf einer DGB-Kundgebung in Ludwigshafen sagte der Vizekanzler mit Blick auf die Krise: "Sozialdemokratie und Gewerkschaften miteinander - das ist die Lehre, die wir aus diesem Desaster ziehen müssen."
NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) rief zur Solidarität zwischen Unternehmern und Arbeitnehmern in der Krise auf. "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Gesellschaft auseinanderfällt", sagte der CDU-Vize in Remscheid bei der Mai-Kundgebung des DGB für NRW. SPD-Chef Franz Müntefering sprach sich in Wuppertal mit Nachdruck für Mindestlöhne aus.