Kritik am Impftempo Es braucht Lizenzen für Impfstoffe

Meinung · Nur die Impfungen führen uns aktuell aus der Krise. Und da braucht es manchmal auch den Mut für ungewöhnliche Schritte: die Auflösung des Patentschutzes oder die Vergabe von Lizenzen zum Beispiel. Es wird höchste Zeit.

 Noch ist zu wenig Impfstoff verfügbar.

Noch ist zu wenig Impfstoff verfügbar.

Foto: dpa/Farouk Batiche

FDP-Chef Lindner hat mit seinen Einlassungen zur Coronakrise oft daneben gelegen. Was allerdings das aktuelle Impf-Desaster betrifft, ist der Liberale weit vorne. Schließlich forderte er schon vor Wochen einen Impf-Gipfel, weil es viel zu wenig Impfstoff in Deutschland und Europa gab. Damals waren in der Politik noch Beschwichtigung und Runterspielen angesagt samt dem wohlfeilen Verweis auf die europäische Solidarität. Dabei grenzt es an Staatsversagen, wenn nach fünf Wochen nur zwei Prozent der Menschen im Lande eine Dosis bekommen haben.  Der Impf-Gipfel am Montag ist also überfällig, auch wenn natürlich nicht gleich alles besser wird. Aber wenigstens hat die achselzuckende Ignoranz ein Ende.

Dabei wusste und weiß jeder, dass nur die Impfungen aus der Krise führen. Dass jeder Tag zählt. Medizinisch angesichts von hunderten Toten und gefährlichen Mutationen sowieso. Aber auch wirtschaftlich, gesellschaftlich, sozial und kulturell. Das heißt: Es muss wirklich alles getan werden, um die Impf-Kampagne endlich in Schwung zu bringen – natürlich nicht nur in Deutschland, aber eben auch hier. Doch wie kann das gelingen, wenn die Impfstoffhersteller beteuern, mehr gehe leider gerade nicht? Regierungen dürfen sich so nicht abspeisen lassen.

Es ist höchste Zeit, auch ungewöhnliche Schritte einzuleiten. Zum Beispiel eine Aufweichung des Patentschutzes. Die Entwickler können nun mal kurzfristig nicht mehr Vakzine herstellen, immerhin hilft Novartis jetzt Biontech bei der Abfüllung. Also sollten sie ihre milliardenschweren Formeln – gegen großzügige Lizenzgebühren – mit anderen Pharmaunternehmen weltweit teilen, um dadurch rasch ein exponentielles Wachstum bei der Impfstoff-Produktion zu generieren. Schließlich geht es um einen Notstand, um Leben und Tod. Ganz abgesehen davon, dass die erfolgreichen Pioniere zuvor massiv mit staatlichen Fördergeldern unterstützt worden sind.  

Wenn aber die Produktion viel breiter aufgestellt würde (und irgendwann sogar die Terminvergabe rund läuft), wäre man allemal schneller am Ziel als bei der völlig unambitionierten Zielmarke Ende September.