Merkel bringt Wirtschaftsregierung auf den Weg

Brüssel (dpa) - Als Konsequenz aus der gefährlichen Schuldenkrise rücken die Euro-Länder enger zusammen. Die deutsch-französische Idee einer besseren Abstimmung in der Wirtschaftspolitik sei beim EU-Gipfel in Brüssel auf „breiten Konsens“ gestoßen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag.

Mit einer Wirtschaftsregierung wollen die 17 Euroländer die Konsequenz aus der schlimmsten Krise des Euros seit Gründung der Währungsunion 1999 ziehen. Wegen Einwänden von EU-Partnern ist das Vorhaben aber umstritten.

„Wir wollen eine neue Qualität der wirtschaftlichen Koordinierung in der Euro-Zone, die offen ist für andere“, sagte Merkel - über konkrete Schritte sei aber noch gar nicht gesprochen worden. „Heute gab es die Festlegung, dass es einen solchen Pakt gibt.“

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy sprach von einer „sehr starken Achse von Deutschland und Frankreich.“ Er fügte hinzu: „Wir sind über das Prinzip einig: Eine Wirtschaftsregierung, eine Abstimmung, eine Integration der Wirtschaftspolitiken. Das ist schon sehr viel.“

Merkel und Sarkozy spalten mit ihrem Vorgehen die Union der 27. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann berichtete: „Die Meinungen gehen stark auseinander.“ Luxemburgs Jean-Claude Juncker sagte: „Weder Deutschland noch Frankreich haben im Detail dargelegt, worin dieser Wettbewerbspakt besteht.“

Gipfelchef Herman Van Rompuy sagte zum sogenannten Pakt für Wettbewerbsfähigkeit: „Wir haben über keine konkreten Vorschläge gesprochen.“ Die Ideen aus Berlin und Paris sollten in die Gesamtlösung zur Euro-Rettung eingearbeitet werden. Er will die Arbeiten persönlich leiten.

Ein informelles Euro-Gruppen-Treffen werde im März weitere Schritte beschließen, bevor auf dem Frühjahrsgipfel am 24. und 25. März ein Gesamtpaket verabschiedet werden soll. Berlin fordert den neuen Pakt als Gegenleistung für die geplante Stärkung des Rettungsfonds EFSF für klamme Eurostaaten. Die Ausleihkapazität des Fonds von de facto 250 Milliarden Euro soll erweitert werden. Das wird höhere Belastungen für Deutschland und andere nach sich ziehen.

Die Staats- und Regierungschefs verabschiedeten auch eine gemeinsame Erklärung zur Krise in Ägypten und forderten, dass sofort der Weg zu einer neuen Regierung eingeschlagen werden müsse. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton soll schon bald in das Krisenland reisen.

Die „Chefs“ besprachen auch eine verbesserte Energiesicherheit für Europa. Dabei geht es unter anderem darum, die starke Abhängigkeit der EU vom russischen Gas zu vermindern. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sprach von „historischen Entscheidungen“.

Der Plan für eine Wirtschaftsregierung sieht vor, dass die Euro-Staaten sich gemeinsamen Zielen bei Renten, Steuern und Löhnen unterwerfen, um künftige Krisen zu verhindern. Es geht beispielsweise um eine Anpassung des Renteneintrittsalters - auch eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild ist im Gespräch.

Merkel und Sarkozy wollen so verhindern, dass die Wirtschaft in den Euro-Ländern sich so stark auseinanderentwickelt wie in den vergangenen Jahren. Dies gilt als eine Hauptursache für die aktuelle Währungskrise.

Der Österreicher Faymann sagte, er halte es nicht für möglich, „dass die EU das Pensionsalter festlegt“. Belgien will nicht hinnehmen, „dass unser Modell der Sozialpartnerschaft aufgelöst wird“, sagte Premier Yves Leterme. Derzeit werden in Belgien die Löhne nach einem Index angehoben, der an die Entwicklung der Inflation gekoppelt ist - das würde künftig nicht mehr gehen. Europaparlaments-Präsident Jerzy Buzek warnte davor, die EU-Institutionen zu umgehen.