Olaf Scholz: Die SPD kann wieder Volkspartei

In zehn Tagen wählt Hamburg. Die SPD wird klar siegen — und hofft auf einen bundesweiten Schub.

Hamburg. Wenn Olaf Scholz, der SPD-Spitzenkandidat der Bürgerschaftswahl, den Raum betritt, bemerkt ihn keiner. Dem Mann mit den sensationellen Umfragewerten fehlt Charisma. Er wirkt sachlich, spröde, aber sympathisch. Und so einer ist der Hoffnungträger der Mehrheit in der stolzen Hansestadt — und der gesamten SPD? Denn nach der Hamburger Wahl am 20. Februar folgen 2011 noch sechs weitere in anderen Bundesländern.

Scholz wird eine fast zehnjährige CDU-dominierte Ära beenden. Zu sehr haben die Hamburger die Politik satt, die ihnen zuletzt die schwarz-grüne Koalition zugemutet hat. Vor allem nach dem Abgang des beliebten Bürgermeisters Ole von Beust ließ der glücklose Nachfolger Christoph Ahlhaus (CDU) politisch und gesellschaftlich fast keinen Fettnapf aus. Sogar die bei Politikern übliche Sicherung seines Grundstücks geriet für ihn zum Fiasko, weil man ihm Bereicherung vorwarf.

Die Hamburger spekulieren jetzt vor allem, ob die SPD die absolute Mehrheit schafft. Das ist möglich, weil sich Scholz sehr wirtschaftsnah gibt und den Chef der Handelskammer zum Senator machen will. Ein genialer Schachzug.

Scholz schafft es, für viele Gruppen wählbar zu sein. Seine Botschaft, die auch die SPD andernorts gern hören wird: Wir können Volkspartei! Und wenn die SPD einen Koalitionspartner braucht? Die Grünen sind willens, nachdem sie im Herbst die Koalition mit der CDU platzen ließen und für vorgezogene Wahlen sorgten. Sogar die Programme von SPD und GAL wirken wie abgesprochen, indem man sich Kompetenzfelder teilt.

Allerdings liegt in dem möglichen Bündnis auch Sprengkraft: Vor allem in der Wirtschaftspolitik sind der Scholz-Kurs und die GAL-Position eigentlich nicht vereinbar. Vielleicht haben das kluge Köpfe in der SPD bereits bemerkt, die plötzlich eine Koalition mit der FDP ins Spiel bringen. Die Liberalen sind zwar gar nicht im Parlament vertreten, freuen sich aber derzeit über steigende Umfragewerte. Was sie Katja Suding (35) verdanken, die vor allem dadurch auffiel, dass sie Guido Westerwelle bei diversen Anlässen begleitete.

Doch es kann trotz der klaren SPD-Dominanz bei Wahl und Koalitionsbildung noch Überraschungen geben. Das liegt am geänderten Wahlrecht: Jeder Hamburger kann zehn Stimmen vergeben, von denen fünf für die Zusammensetzung der Bürgerschaft entscheidend sind. Er kann seine Gunst zwischen verschiedenen Parteien aufteilen. Erstes Resultat: Bei den Briefwahlen soll der Anteil der falsch ausgefüllten Wahlzettel extrem hoch sein.