Parteitag: Merkels Kampf gegen den K.o.
Auch in Leipzig steht die Wirtschaftskrise bei der Vorsitzenden im Vordergrund.
Leipzig. Dr. Eisenfaust ist auch da. Der Mann kennt sich aus mit K.o.-Schlägen. Vitali Klitschko hat die meisten seiner über 40 Profi-Kämpfe vorzeitig gewonnen, meistens durch technischen K.o. Jetzt steht der Box-Weltmeister als Gast im politischen Ring der Leipziger Messe. Die CDU sucht zu zentralen Themen neue Positionen in veränderter Zeit: Europa, Bildung, Mindestlohn. Schlagkräftige Unterstützung kann da nicht schaden. Es geht um Kursbestimmung und um nichts weniger, als einen K.o. für den Euro und Europa zu vermeiden. Klitschko bekommt für seine bloße Namensnennung mehr Applaus als der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung für sein Grußwort. Jung hat aber auch ein Handicap: Er ist Mitglied der SPD.
„Leipzig“ steht in der CDU bislang für einen Parteitag, mit dem sich die Christdemokraten neu definieren wollten: radikal marktliberal. 2003 beschloss die CDU bei ihrem Leipziger Konvent die Gesundheitsprämie und eine Bierdeckel-Steuerreform, die seinerzeit noch ein gewisser Friedrich Merz aufgeschrieben hatte. Nach Leuten vom Schlage Merz‘ haben vor allem die Konservativen in der Partei Sehnsucht.
Leipzig I anno 2003 — das war einmal. 2011 steht für Leipzig II: für eine andere Zeit, andere Herausforderungen. Wenn Merkel über das griechische Schuldendesaster spricht, klingt das so: „Europa ist in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.“ Die Finanzmärkte hätten als „Brandbeschleuniger“ diese Krise befeuert. Deswegen setze allen voran Deutschland ein Verbot von Leerverkäufen, eine Bankenabgabe und eine Finanztransaktionssteuer „wenigstens im Euro-Raum“ als Instrumente gegen den „Casino-Kapitalismus“.
Merkel weiß, dass sich viele in der CDU in dieser Phase Orientierung erwarten. In Krisenzeiten wächst die Sehnsucht nach Führung. Merkel versucht es mit einer Mischung aus Aufbruch und Kontinuität. Sie verweist auf „atemberaubende Veränderungen“ in der Welt: Nordafrika, Nahost. Sie führt ihre Partei durch die Euro-Krise. Sie erklärt den Ausstieg aus der Wehrpflicht, die Wende in der Energiepolitik und den damit verbundenen Ausstieg aus der Atomkraft. Und dann ist da immer auch der Kompass. Merkel nennt ihn „fester Kompass“ oder „Wertekompass“. Der Applaus dazu ist zögerlich.
Merkel hält dagegen. Werte: Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit. Die CDU sei weiter „die große Volkspartei der Mitte“. Auf dem Bühnenbild steht in großen Lettern: „Für Europa. Für Deutschland.“ Wohl gemerkt: Europa zuerst.