CDU-Debatte um den Mindestlohn: Die Staatskunst der Angela Merkel
Debatte in der CDU um einen Mindestlohn.
Die Debatte in der CDU um einen Mindestlohn ist vor allem eines: politische Taktiererei. Die Kanzlerin besetzt damit ein früher in ihrer Partei tabuisiertes Thema und versucht auf diese Weise, der SPD ein Wahlkampfthema aus der Hand zu schlagen. Die ins Wählervolk gesandte Nachricht lautet: Seht her, die CDU ist alles andere als die Partei der sozialen Kälte.
Andererseits ist das jetzt in Leipzig präsentierte Konzept so schwammig, dass nicht mal die grummelnde FDP dies als Bruch des Koalitionsvertrages hinstellen kann. Denn in dem zwei Jahre alten Papier steht nichts anderes als das, was die Kanzlerin auch jetzt wieder sagt: „Einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn lehnen wir ab.“ Sie will eben nur eine Lohnuntergrenze, ohne dabei aber konkret zu werden.
Längst gibt es Mindestlöhne in neun verschiedenen Bereichen — vom Baugewerbe über die Gebäudereinigung bis zur Pflegebranche. Aus als gut erkannten Gründen mischt sich hier die Politik also sehr wohl ein in die freie Marktwirtschaft: Es wird dem entwürdigenden Trend gegengesteuert, dass Menschen trotz Vollzeitarbeit nicht von ihrem Verdienst leben können, sondern mit Hartz IV „aufstocken“ müssen. Auch kann der Staat bei höheren Löhnen die Hilfsleistungen, mit denen er solche Jobs stützt, zurückfahren und steigert gleichzeitig seine Steuereinnahmen.
Und da ist noch der wettbewerbspolitische Aspekt, der auch aus Unternehmersicht stechen müsste: Ein Mindestlohn verdirbt Konkurrenten das Geschäft, die sich nur durch Billigarbeitskräfte auf dem Markt halten und so den seriösen Wettbewerbern die Aufträge wegschnappen. Auch der Verbraucher als Abnehmer entsprechender Dienstleistungen wird von solchen Billiganbietern nicht viel zu erwarten haben.
Indem Angela Merkel das Thema besetzt, erweckt sie den Eindruck, als folge sie diesen Argumenten. Das ist die Nachricht, die beim Wahlvolk hängenbleiben soll. Gleichzeitig legt sie sich nicht einmal auf den Mindestlohn der Zeitarbeitsbranche (7,89 Euro pro Stunde im Westen) fest. Damit besänftigt sie den schon unruhig scharrenden Koalitionspartner FDP und auch den rumorenden Wirtschaftsflügel der eigenen Partei. So funktioniert sie, die Merkel’sche Staatskunst.