Per Wahl-O-Mat auf den Wahlsonntag vorbereitet

Düsseldorf. Der eine nutzt den Wahl-O-Mat, um zu prüfen, ob ihn sein Bauchgefühl trügt: Deckt sich das, was die von mir favorisierte Partei will, mit meinen Vorstellungen? Der andere mag sich eine Entscheidungshilfe versprechen und sagt sich: das Ergebnis, das der Wahl-O-Mat ausspuckt, setze ich in der Wahlkabine um.

Foto: Kurz

Welches Motiv auch immer ausschlaggebend sein mag: Tatsache ist, dass immer mehr dieses Werkzeug nutzen. Bis gestern wurde der Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 13,3 Millionen Mal angeklickt.

Stefan Marschall, Politikwissenschaftler an der Uni Düsseldorf und wissenschaftlicher Kopf hinter dem von der Bundeszentrale für politische Bildung verantworteten Wahl-O-Mat, konnte schon gestern verkünden: Der bisherige Rekord von 13 270 000 Nutzungen bei der Bundestagswahl 2013 wurde geknackt, und: „Erfahrungsgemäß kommen am Samstag und Sonntag, bevor gewählt wird, noch mal viele dazu, so dass ich mit 15 Millionen Nutzungen rechne.“

Marschall und die 25-jährige Kölner Studentin Seyda Kurt, die an der Thesenerstellung für den Wahl-O-Mat beteiligt war, gewährten gestern einen Blick hinter die Kulissen: Wie entstehen die Thesen, durch die sich die vielen Millionen Menschen am Computer oder Handy durchklicken?

Im Juni traf sich die 26-köpfige Redaktion aus 18-26-Jährigen mit den wissenschaftlichen Begleitern des Projekts. Bei der Auswahl der Beteiligten (500 hatten sich bei der Bundeszentrale für politische Bildung für das Ehrenamt beworben) war Bedingung, dass nicht etwa Parteifunktionäre dabei sind. Parteipolitischer Einfluss sollte verhindert werden. Geachtet wurde auf Geschlechterproporz. Und darauf, dass neben Studierenden auch Berufstätige und Schüler dabei waren. Dass nur Erst- und Zweitwähler zur Redaktion zählten, nicht aber Ältere, ist freilich Absicht. Bei der Auswahl der Thesen aus den verschiedenen Politikbereichen sollte ein möglichst unverstellter Blick gewährleistet sein.

So wurden zunächst 83 Thesen entwickelt und Anfang Juli an die 34 Parteien mit Landesliste verschickt. 33 Parteien (die „Magdeburger Gartenpartei“ machte nicht mit) schickten ihre Antworten zu diesen Thesen. Im August wurden dann aus den 83 Thesen (mit Antworten) 38 herausgefiltert. So wurden die Thesen gestrichen, auf die die Parteien ähnlich antworteten, weil diese nicht zur angestrebten Unterscheidbarkeit beigetragen hätten. Am Ende flossen also 38 Thesen in den Ende August gestarteten Wahl-O-Mat ein.

Und was weiß man über die Nutzer? Aus der Analyse des Wahl-O-Mats zur Bundestagswahl 2013 hat Marschall diese Erkenntnisse: 52 Prozent der Nutzer wollten mithilfe dieses Werkzeugs ihren eigenen Standpunkt überprüfen. 23 Prozent suchten eine Orientierung bei der Wahlentscheidung. 61 Prozent sagten, dass ihnen die Unterschiede zwischen den Parteien durch den Wahl-O-Mat klarer geworden seien. Fast die Hälfte der Nutzer wurde durch den Wahl-O-Mat motiviert, sich weitergehend politisch zu informieren. Und immerhin 4,7 Prozent der wahlberechtigten Nutzer gaben an, dass sie durch den Wahl-O-Mat mobilisiert wurden, zur Bundestagswahl zu gehen, obwohl sie es eigentlich nicht vorgehabt hatten. Nicht ohne Stolz sagt Marschall, dass dadurch die Wahlbeteiligung insgesamt um mehr als ein Prozent gestiegen sein dürfte.

Aus Nutzerbefragungen weiß man auch, dass bei mehr als 90 Prozent der Nutzer das Wahl-O-Mat-Ergebnis mit ihrer politischen Position genau oder ungefähr übereinstimmt. Doch was sagt man den etwas weniger als zehn Prozent der Nutzer, die von ihrem Wahl-O-Mat-Ergebnis überrascht, vielleicht gar erschrocken sind? Zum einen kann das daran liegen, dass die 38 Thesen nur einen Ausschnitt der politischen Themen wiedergeben. Wichtiger noch: Keine Berücksichtigung findet in den Thesen die Sympathie oder Abneigung für die Politiker, die für die jeweilige Partei stehen. Auch dies ist bekanntlich ein wichtiges Kriterium für den Wähler. Im Übrigen weisen die Macher des Wahl-O-Mat schon auf der Startseite darauf hin: dieser sei „keine Wahlempfehlung, sondern ein Informationsangebot über Wahlen und Politik“.