Proteste: Erzkonservative zeigen ihre Stärke
Mit einer Mega-Demonstration stellt sich die religiöse Rechte in den USA gegen Barack Obama.
Washington. Die Menschenmenge scheint kein Ende zu nehmen, es ist eine der größten Demonstrationen seit Jahren in Washington.
Zehntausende, womöglich hunderttausende Ultrakonservative und religiöse Rechte sind am vergangenen Samstag vor das symbolträchtige Lincoln-Denkmal an der National Mall gezogen. Die Stimmung schwankt zwischen nationalem Erweckungserlebnis und Anti-Obama-Protest.
"Etwas, das jenseits unserer Vorstellungskraft liegt, vollzieht sich gerade", ruft Glenn Beck (56), radikaler TV-Moderator und Organisator der Veranstaltung. Die Menschenmenge rast. "Amerika beginnt heute, sich wieder Gott zuzuwenden." Becks Rede gleicht einer Predigt: "Dieses Land ist viel zu lange im Dunkeln gewandert." Obama erwähnt er mit keinem Wort.
Politik, Patriotismus und Religion: Eine "uramerikanische" Mischung in "God’s own country" - aber auch eine explosive Mischung. Sonderbar mutet Nicht-Amerikanern die Veranstaltung an, deren Motto "Restoring Honor" (Die Ehre wiederherstellen) lautet. Es gehe darum, die US-Truppen zu unterstützen sowie traditionelle amerikanische Werte und Gottesglaube wieder zur Geltung zu bringen, sagt Beck.
Bürgerrechtler hatten moniert, dass sich die Rechten vor dem Denkmal für den früheren Präsidenten Abraham Lincoln (1861-1865) versammelten, just an dem Tag, an dem der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King vor 47 Jahren seine berühmte "I have a dream"-Rede hielt.
Als Sarah Palin, die populistische Republikanerin und Ex-Vizepräsidentschaftskandidatin, zu ihrer Rede ansetzt, skandieren die Menschen: "USA, USA, USA." "Wir müssen Amerika wiederherstellen, wir müssen die Ehre Amerikas wiederherstellen", ruft Palin. Sie ist zuletzt zur Galionsfigur der erzkonservativen "Tea-Party"-Bewegung aufgestiegen - und wird als mögliche Präsidentschaftskandidatin 2012 gehandelt.
Für Obama steht viel auf dem Spiel. Seit Monaten gewinnt die "Tea-Party"-Bewegung an Stärke, versucht sich für die Kongresswahlen in zwei Monaten zu positionieren. Obama hat bei den Kongresswahlen keinen leichten Stand: Schwache Konjunktur, hohe Arbeitslosigkeit und rasant steigende Verschuldung machen es den Gegnern leicht, Obama als Verschwender von Steuergeldern und als Vertreter von "big government" (zu viel staatlichem Einfluss) abzustempeln - so ein Dauerbrenner der "Tea-Party".