RAF: Klar verschwindet jetzt im Alltag

Am frühen Morgen verlässt der Ex-Terrorist das Gefängnis in Bruchsal – ohne Reue, ohne Entschuldigung, ohne Blitzlicht.

Karlsruhe. Kein Blitzlichtgewitter, keine Kamerateams, keine Journalisten. Was sich monatelang in den Medien ankündigte, was für politische Debatte und Rechtsstreit sorgte, geht im Gefängnis von Bruchsal bei Karlsruhe unspektakulär über die Bühne.

Der frühere RAF-Terrorist Christian Klar wird am frühen Morgen ein letztes Mal aus seiner Zelle abgeholt, er mag noch seine Kleidung gewechselt und sein persönliches Hab und Gut an sich genommen haben. Dann öffnen sich für den berüchtigsten deutschen Häftling die Türen der Haftanstalt - Christian Klar ist frei.

Mehr als 26 Jahre saß er seine Strafe hinter Gittern ab. Kein RAF- Komplize büßte länger - allerdings trug auch niemand eine so schwere Schuld an Anschlägen der RAF wie der heute 56-Jährige.

Klars Spur könnte sich nun schnell im Alltag verlieren, wenn er nicht durch die TV-Shows tingelt und Interviews gibt. Seine frühere RAF-Komplizin Brigitte Mohnhaupt hat es erfolgreich vorgemacht: Seit sie im März 2007 die Gefängnismauern hinter sich ließ, ist von der heute 59-Jährigen kaum etwas zu hören.

Schrittweise hatte sich Klar mit dem Leben jenseits der Gitterstäbe vertraut gemacht, mehr als ein Dutzend Mal durfte er bereits das Gefängnis verlassen. Den genauen Zeitpunkt seiner Entlassung kannte nicht einmal sein Anwalt Heinz-Jürgen Schneider: "Aber er wird zufrieden gewesen sein, denke ich. Er kennt sich schon verhältnismäßig gut aus, es wird nicht alles neu sein für ihn."

Bis zu den genehmigten Freigängen hatten Experten, Justiz und Politik lange gerungen: Gutachter stuften eine Rückfallgefahr des Ex-Terroristen als sehr niedrig ein, Hafterleichterungen standen daher 2007 an - ausgerechnet im Gedenkjahr "30 Jahre Deutscher Herbst". Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) hatte Bauchschmerzen. Der FDP-Politiker machte Lockerungen von einem zusätzlichen Gutachten abhängig - das Klar aber ablehnte.

Aus seiner Zelle heraus tat Klar nur wenig, um Goll umzustimmen. Im Gegenteil: Er hoffe, die Zeit sei gekommen, "die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden", ließ er Anfang 2007 im Slang seiner erkalteten RAF-Ideologie verlauten. Keine Reue, kein Bekenntnis, kein Wort der Entschuldigung an die Angehörigen der Opfer.

Die Folge: Anfang Mai 2007 lehnte Bundespräsident Horst Köhler den Gnadengesuch des starrköpfigen Klar ab, währenddessen die frühere Komplizin Brigitte Mohnhaupt vorzeitig aus der Haft entlassen wurde.

Dennoch: Für viele ist die Entlassung Klars ein später Sieg des Rechtsstaats. Fanatisch und skrupellos hatte Christian Georg Alfred Klar das "System" bekämpft. Und jetzt gibt ihm ebenjener Staat die Freiheit wieder.