Sarkozy inszeniert sich als Verschwörungsopfer
Frankreichs Präsident verteidigt sich in der Schwarzgeld-Affäre. Der Befreiungsschlag gelingt nur zum Teil.
Paris. Franzosen sind bekannt dafür, wahre Meister der feinen Inszenierung zu sein. Das trifft erst recht auf die ausgekochten PR-Profis im Elysée zu. Wenn der Staatschef zum Live-Interview in den Palast bittet, ist allein schon die Choreografie eine Botschaft.
Und die lautet: Seht her, wir sind jetzt sparsam und bescheiden. Der Präsident und der Journalist sitzen sich an diesem lauen Montagabend draußen auf der Terrasse gegenüber. Ein schlichter Tisch, zwei Stühle, die Trikolore im Hintergrund - sonst nichts. Keine kristallschweren Kronleuchter, keine verschwenderischen Empire-Salons.
Der Hausherr des Elysée übt sich in demonstrativer Bescheidenheit und Demut. Letzte Woche stand ihm das Wasser noch gefährlich bis zum Hals, am Ende des Interviews hat er sich trotz vieler offener Fragen etwas Luft verschafft. Ein Punktsieg. Immerhin.
Die Parteifreunde haben den Präsidenten zum Befreiungsschlag gedrängt. Schon bald vier Wochen verdunkeln Affären, Anschuldigungen und Fehltritte von Ministern das ohnehin miserable Ansehen Sarkozys.
Und so strengt er sich an, noch einmal das alte Schlachtross zu geben - so wie im erfolgreichen Wahlkampf 2007. Sarko greift an und skizziert sich als Opfer schlimmer Verleumdungen. Schon bei der Clearstream-Affäre sei er zu Unrecht beschuldigt worden. Dann hätten sie ihm die zerrüttete Ehe mit Carla Bruni angedichtet. "Das hat mich verletzt", sagt er - und will dem Publikum vermitteln, er sei das Ziel einer finsteren Verschwörung.
Sarkozy verteidigt zudem seinen Arbeitsminister Eric Woerth, der am heftigsten in der Schusslinie steht. "Ein zutiefst ehrenwerter Mann", sagt er über denjenigen, der nach Aussagen der früheren Bettencourt-Buchhalterin Claire Thibout vor drei Jahren als UMP-Schatzmeister eine illegale Wahlkampfspende über 150 000 Euro von der L’Oréal-Erbin angenommen haben soll.
Und was sagt der Präsident zu der 150 000-Euro-Schwarzgeld-Affäre? Dazu, dass Woerth als Budgetminister Steuersünder jagte, aber gleichzeitig als UMP-Schatzmeister dieses Geld rechtswidrig angenommen haben soll? Nichts.
Braucht er auch nicht. Denn David Pujadas, populärer Moderator des Staatssenders "France 2", hakt gar nicht nach. Womöglich hat er Angst, seinen Kopf zu riskieren, sollte er versuchen, dieses Gespräch in ein Verhör umzuwandeln. In "Sarkoland" hat der Präsident großen Einfluss auf die Medien. So dient der Fragende lediglich als artiger Stichwortgeber.
In Wirklichkeit entwickeln sich die vorab zu einem Straßenfeger hochstilisierten 65 Minuten zu einer langweiligen Rede an die Nation. Die Rentenreform werde er durchziehen, er preist das "Modell Deutschland" und ruft die Franzosen auf, ebenfalls den Gürtel enger zu schnallen.
Apropos Inszenierung: Dienstagvormittag legte Eric Woerth sein Amt als UMP-Schatzmeister nieder - ganz so, wie zuvor von Nicolas Sarkozy empfohlen.