Sarrazins Reue kam zu spät

Der Bundesbanker bedauert einen Teil seiner Äußerungen. Er muss dennoch gehen.

Berlin. So selbstbewusst Thilo Sarrazin in diesen Tagen auch auftrat, die Nerven waren zuletzt dünn geworden. Als Michel Friedman ihn Anfang der Woche zu seinen steilen Thesen über jüdische Gene befragte, brach der Bundesbanker das Interview kurzerhand ab und titulierte den jüdischen Publizisten als "Arschloch", wie Friedman der "Bild"-Zeitung berichtete. Auf den gemeinsamen Fernsehauftritt wollte Sarrazin am Mittwochabend trotzdem nicht verzichten. Doch seine überraschenden Einsichten kamen zu spät.

Nur wenige Stunden vor der Entscheidung der Bundesbank, bei Bundespräsident Christian Wulff die Abberufung ihres Vorstandsmitglieds zu beantragen, ließ Sarrazin in der ARD-Talkshow "hart aber fair" erstmals Selbstkritik erkennen. So hartnäckig er seine Buchthesen zum Scheitern der Integration auch verteidigte, seine Interview-Äußerung, alle Juden teilten ein bestimmtes Gen, bezeichnete er schlicht als Dummheit: "Das war ein Riesenunfug, was ich auch extrem bedauere." Tatsächlich sei er "definitiv nicht der Ansicht, dass es eine genetische Identität gibt".

Die Schuld an der Debatte, die nach dem umstrittenen Interview noch einen Ton schriller geworden war, sieht Sarrazin aber nicht bei sich, sondern bei den Journalisten. Die hätten ihn "aufs Glatteis" geführt, klagte er. Eigentlich habe er in dem Interview der "Welt am Sonntag" nur auf allgemeine genetische Ähnlichkeiten hinweisen wollen.

Die Juden seien ihm als erstes eingefallen, weil er dazu gerade etwas gelesen habe. "Ich hätte sagen sollen, Ostfriesen oder Isländer, dann wäre es kein Thema gewesen." Es sei eine ziemliche Dummheit gewesen, dass er diese Äußerung nicht nachträglich gestrichen habe. "Das war mein Blackout."

Grundsätzlich ließ Sarrazin an seiner Argumentation aber nicht rütteln. Streng und schneidend kontert er die Einwände, die ihm vorgehalten wurden.