Schavans ungewöhnliche Karriere

Botschafterin beim Vatikan — trotz aberkannten Doktortitels.

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Berlin/Rom/Düsseldorf. Die deutsche Botschaft beim Vatikan gehört zu den Orten, wo es sich leben lässt. Ein feines Stück Architektur im römischen Stadtteil Parioli, gebaut zu Beginn der 1980er Jahre im Stil des Stauferkaisers Friedrich II., mit einer Unmenge an Gemälden an den Wänden und vielen Büchern.

Vom 1. Juli an ist hier die neue Arbeitsstelle von Annette Schavan, die im Rhein-Kreis Neuss geboren wurde. Eine ungewöhnliche Karriere, wenn man bedenkt, dass die CDU-Politikerin vor 15 Monaten wegen „vorsätzlicher Täuschung durch Plagiat“ ihren von der Düsseldorfer Universität verliehenen Doktortitel wieder verlor und deshalb auch als Bundesbildungsministerin zurücktreten musste. Die 58-Jährige, immer noch eine enge Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), wird Deutschlands neue „Botschafterin beim Heiligen Stuhl“. Das Bundeskabinett segnete die Personalie am Mittwoch ab.

Die 58-jährige Katholikin wird die erste Frau auf diesem Posten sein. Die Besonderheit liegt allerdings anderswo: In Deutschland ist es ziemlich ungewöhnlich, dass Politiker auf Botschafterstellen wechseln. Hinzu kommt, dass Schavan nach dem Verlust des Doktortitels wegen einer teilweise abgeschriebenen Dissertation streng genommen auch keinen Hochschulabschluss mehr hat. Sie hatte 1980 ihr Studium mit „Direktpromotion“ abgeschlossen.

Im Auswärtigen Amt gab es deshalb einiges Murren über die Personalie. Offiziell begründet wurde die Ernennung auch damit, dass Schavan eine „engagierte und profilierte Katholikin“ sei. Zudem lässt sich darauf verweisen, dass es in der jüngeren deutschen Diplomatie vergleichbare Fälle gab.

Zwischen 1995 und 1997 war der CDU-Politiker Philipp Jenninger im Vatikan als Botschafter tätig, der sein Amt als Bundestagspräsident wegen einer umstrittenen Rede zur deutschen NS-Vergangenheit verloren hatte. Und was den fehlenden Hochschulabschluss abgeht: Joschka Fischer (Grüne) ernannte als Außenminister auch Personen zu Botschaftern, die die Universität nicht zu Ende gebracht hatten.

Zu den Gründen für den Missmut mag auch gehören, dass der Posten in Rom zu den bestdotierten Stellen in der deutschen Diplomatie zählt. Bezahlt wird nach Besoldungsgruppe B9, was aktuell einem Grundgehalt von 10 228,76 Euro entspricht — vergleichbar mit dem Gehalt von Deutschlands Botschaftern in Washington, Paris oder Moskau.