Schule: Eine zentrale Prüfung für alle

Am Freitag schreiben die Zehntklässler die letzte Klausur. Sind die Abschlüsse in NRW nun vergleichbar?

<strong>Düsseldorf. Premiere in NRW: In den vergangenen Tagen und Wochen haben Gymnasiasten, Real-, Gesamt- und Hauptschüler die gleichen Themen gepaukt, am Freitag brüten sie ein letztes Mal über den gleichen Klausuren. Mit dem Fach Englisch oder einer anderen Fremdsprache gehen die ersten zentralen Abschlussprüfungen nach Klasse 10 zu Ende. Nach den Arbeiten in Deutsch und Mathematik können die 195 000 Zehntklässler an den etwa 2150 Schulen dann wieder aufatmen. Nach dem Willen von Schulministerin Barbara Sommer (CDU) sollen mit den Einheitsprüfungen die nationalen Bildungsstandards gesichert werden, auf die sich die Kultusminister nach dem Pisa-Debakel verständigt hatten. Daneben will Sommer aber auch eine bessere Vergleichbarkeit der Abschlüsse erreichen - und damit mehr Gerechtigkeit. Deshalb bekommen Hauptschüler, die einen Abschluss Typ B (Fachoberschulreife) anstreben, die gleichen Aufgaben gestellt wie Real- und Gesamtschüler sowie Gymnasiasten.

Hauptschüler können nun ihre Leistung besser einschätzen

"Indem alle die gleichen Aufgaben lösen, lässt sich anhand ganz sachlicher Kriterien feststellen, dass Hauptschüler die gleichen Leistungen erbringen können wie Realschüler", zeigt sich Ruth Küpperbusch-Jones, Leiterin der Monheimer Anton-Schwarz-Hauptschule, von den Einheitsprüfungen überzeugt. Viele Politiker hätten zwischenzeitlich vergessen, dass auch die Hauptschule den mittleren Schulabschluss vergebe. Die Pädagogin hofft nun, dass Hauptschüler mit einem guten Abschluss auf dem Ausbildungsmarkt bessere Chancen erhalten. "Wenn ein Schüler mit klasse Noten aufwartet, signalisiert er Arbeitgebern, dass er mit den Schülern anderer Schulformen mithalten kann", sagt Küpperbusch-Jones.

Die bessere Vergleichbarkeit ist auch für Achim Fischer, Schulleiter der Janusz-Korczak-Gesamtschule in Neuss, wichtig. "Das Etikett der Gesamtschule, nur zweitklassig zu sein, dürfte endlich verschwinden."

Auch das Pisa-Ziel, die Qualität zu steigern, sei mit diesem Instrument nicht durchsetzbar. "Es gibt keine Studie, die zeigt, dass dies etwas für Unterricht oder Kompetenzzuwachs bringt", so der Erziehungswissenschaftler. Die kontrovers diskutierte, frühe Selektion der Kinder sieht Klemm weiter verstärkt - weil jeder nur noch das Ergebnis, die Abschlussprüfung, im Blick habe.

Diese Meinung findet auch in Lehrerkollegien Zustimmung. "Es wird nur noch für die Prüfung gelernt", resümiert eine Pädagogin den Prüfungsmarathon. Die Reichhaltigkeit der Fächer drohe, auf der Strecke zu bleiben.

Benedikt Aumann, 16 Jahre, Maximilian-Kolbe-Hauptschule, Neuss "Ich finde die zentralen Prüfungen gut. Ständig heißt es, wir Hauptschüler wären dumm, jetzt können alle sehen, dass wir genauso gut sind wie Realschüler. Die Prüfungen sind zudem für alle gut, die mit einem Lehrer Probleme haben und deswegen eher schlechtere Noten bekommen. Die können jetzt zeigen, was sie können. Bei mir war Mathe richtig gut, Deutsch mittelmäßig. Ich hoffe, dass Englisch klappt. Denn ich muss den Realschulabschluss schaffen. Das ist die Bedingung bei meinem Ausbildungsvertrag zum Lacklaboranten."

Ricarda Belau, 16 Jahre, Janusz-Korczak-Gesamtschule, Neuss "Diese Prüfungen sind meiner Meinung nach überbewertet. Man hat ein Jahr gut mitgearbeitet, und dann kann man sich in drei Stunden die ganze Note versauen, weil man mal einen schlechten Tag hat. Der Vorteil ist allerdings, dass wir jetzt zeigen können, das wir auf dem gleichen Niveau sind wie die Gymnasien. Deshalb bin ich nicht nur auf meine eigene Note, sondern auch auf die Gesamtergebnisse der Schulen sehr gespannt. Bei mir sind die ersten beiden Prüfungen ganz gut gelaufen, obwohl ich sehr nervös war. Die Lehrer übrigens auch."

Gökhan Sari, 16 Jahre, Willi-Graf-Realschule, Willich "Am Anfang habe ich nichts davon gehalten, weil wir schon genug Arbeiten schreiben. Jetzt glaube ich, dass ich durch die Zentralprüfungen eine gute Chance habe, die Qualifikation für die Oberstufe zu schaffen. Die Nervosität war allein dadurch größer als vor einer normalen Arbeit. In Mathe ist es trotzdem ganz gut gelaufen. Da hatte ich eigentlich mit schwereren Aufgaben gerechnet. Deutsch war nicht so besonders. Das lag aber nicht an der Vorbereitung."