Späte Genugtuung für die Krisen-Kanzlerin

In Davos beginnt Mittwoch das Weltwirtschaftsforum.Angela Merkel kann mit Lob für ihren Kurs rechnen.

Davos. So viel scheint sicher: Angela Merkel wird im schweizerischen Davos viel Applaus bekommen. Vor einem Jahr waren beim Weltwirtschaftsforum noch Forderungen nach weniger deutscher Strenge und viel mehr Milliarden aus Berlin auf die Bundeskanzlerin eingeprasselt. Mittwoch überwiegt vor dem Treffen, das Mittwoch beginnt, die Ansicht, es sei großenteils ihrer Besonnenheit und Standfestigkeit zu danken, dass die Furcht vor dem Eurokollaps einem verhaltenen Optimismus weichen konnte.

Endlich scheint Konjunktur-Zuversicht zu keimen, wie zart auch immer. An den Börsen wird wieder emsig gehandelt. Der Euro zeigt Muskeln. Wirtschaftsprofessor Klaus Schwab, Gründer des Forums, nutzt die Stimmungsaufhellung zu einem Appell: „Wir müssen wegkommen von der Krisenmentalität und mehr dynamische, konstruktive Denkweisen pflegen.“

Dem dürften viele der 2500 Teilnehmer beipflichten, unter ihnen etliche Regierungschefs. Großbritanniens Premierminister David Cameron hat sich angemeldet, auch Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew. Ihre Reden werden — wie jene der Kanzlerin — ebenso mit Spannung erwartet wie der Beitrag von Christine Lagarde, der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Großer Aufmerksamkeit kann sich auch der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, sicher sein. Er war es, der 2012 den Anti-Euro-Spekulanten mit der „Bazooka“ vor den Bug schoss, indem er zur Eurorettung — „koste es, was es wolle“ — die Geldschleusen aufdrehte.

Kurz vor seiner Reise nach Davos erklärte Draghi, die Lage an den Finanzmärkten habe sich entscheidend verbessert. Krisenländer könnten sich wieder günstiger am Anleihemarkt finanzieren. Zugleich warnte der Italiener: „Es ist zu früh, einen Erfolg auszurufen.“

Und er ist nicht der einzige Mahner: „Die nächsten Krisen zeichnen sich ab“, sagt der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, Joseph E. Stiglitz. Das größte Risiko sieht der US-Amerikaner nach wie vor in Europa: „Der Fiskalpakt der Euro-Zone ist keine Lösung, und der Kauf von Staatsschulden ist bestenfalls ein vorübergehendes Linderungsmittel.“