Nach Interview mit Ministerin Scharrenbach zum Thema kommunale Altschulden SPD: „Überall vor Ort zerfällt die Infrastruktur“

DÜSSELDORF · Nach dem Interview mit Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) mit dieser Zeitung zum Thema Altschulden der NRW-Kommunen kritisiert die SPD die schwarz-grüne Landesregierung. Scharrenbach hatte eine für 2025 versprochene Altschuldenlösung zwar grundsätzlich bestätigt („Es gilt das Wort des Ministerpräsidenten“), aber auch die Form der Lösung offen gelassen und auf Versprechungen des Bundes verwiesen, die weiter unerfüllt seien.

SPD-Fraktionschef Jochen Ott nennt den schwarz-grünen Koalitionsvertrag eine „Zitatesammlung gebrochener Versprechen“.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Es geht um rund 20 Milliarden Euro an alten Kassenkrediten, die die NRW-Kommunen belasten. Bis zum Ende der Legislatur (2027) werde es aber eine „Herangehensweise“ geben, hatte Scharrenbach gesagt.

„Das ist ein sehr dehnbarer Begriff“, sagte SPD-Fraktionschef Jochen Ott jetzt dazu. „Wie viel und ob das Wort des Ministerpräsidenten etwas wert ist, muss sich erst noch zeigen. Bis jetzt erweist sich der schwarz-grüne Koalitionsvertrag für NRW eher als Zitatesammlung gebrochener Versprechen. Das gilt auch für die Ankündigung einer landeseigenen Lösung der Altschuldenproblematik.“

Länder wie Rheinland-Pfalz, Hessen oder das Saarland hätten „auch nicht auf den Bund gewartet, um eigenständige Konzepte für die Entschuldung ihrer Kommunen auf den Weg zu bringen“. Insofern, so Ott, sei es eine Frechheit, wenn Ministerin Scharrenbach jetzt so tue, als sei der Bund in der Pflicht für eine Lösung.

Und Ott legte nach: Schwarz-Grün fahre die Kommunalfinanzen gerade vor die Wand. „Zusätzliche Schulden, die Frau Scharrenbach den Kommunen durch die Coronakrise und den Ukrainekrieg aufgedrückt hatte, werden – anders als versprochen – nun nicht mit Steigerungen bei der Gemeindefinanzierung, sondern durch eine Reduktion der Mittel verrechnet. Die Kita-Finanzierung bricht vor Ort aufgrund der Kostensteigerung zusammen, aber Schwarz-Grün gibt nur Geld für die privaten Träger.“

40 Prozent der Kommunen hätten ankündigen müssen, dass sie ihre Haushalte nicht mehr ausgleichen können, aber die Landesregierung ziehe sich bei der Finanzierung des OGS-Rechtsanspruchs aus der Affäre. Ott: „Am Ende werden Kommunen ihre Steuern und Gebühren erhöhen, weil das Land ihnen nicht hilft. Das werden dann Hendrik-Wüst-Steuern sein.“ Dabei sei Kommunalpolitik doch Demokratiepolitik. Die SPD werde dazu im kommenden Plenum einen Antrag stellen. „Dann sehen wir, wie viel das Wort des Ministerpräsidenten wert ist.“

Am Samstag hatte die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik in Nordrhein-Westfalen (SGK NRW) in der Kölner Flora zur prekären Situation der Kommunen getagt und Wüst dabei symbolisch die Gelbe Karte gezeigt. Deren Vorsitzender, Krefelds Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD), kritisierte, die Landesregierung mache eine Kommunalpolitik, „die den Armen nimmt und den Reichen gibt“.

Meyer erklärte weiter: „Die vorgetäuschte Lösung der Altschuldenproblematik aus dem vergangenen Jahr passt genau in dieses Bild. Am Ende hätten es die Kommunen selbst bezahlen sollen. Das war verantwortungslos und dreist. Hendrik Wüst muss endlich begreifen, dass die Situation brandgefährlich ist. Überall vor Ort zerfällt die Infrastruktur. Kommunen, die pleite sind, können keine Schulen bauen, können Bus und Bahn nicht finanzieren, betreiben keinen Klimaschutz und haben kein funktionierendes Gemeinwesen.“ Es stehe, so Krefelds OB, mehr auf dem Spiel als die politische Zukunft von Hendrik Wüst.