Straßenschlachten in Kairo

Revolte: Um die Kommunikation zwischen Demonstanten zu erschweren, unterbindet die Regierung den Zugang zu sozialen Netzwerken.

Kairo. Ägyptens Präsident Husni Mubarak (82) schlägt die größte Protestwelle seit seiner Machtübernahme vor dreißig Jahren entgegen. Ungeachtet eines Demonstrationsverbots haben sich am Mittwoch erneut zahlreiche Menschen zu Kundgebungen versammelt. Sie fordern den Rücktritt des Präsidenten. Im Zentrum der Hauptstadt Kairo kam es zu Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Diese setzte Tränengas ein, einige Demonstranten warfen Steine. Laut Augenzeugen gingen in der Haftenstadt Suez 2000 Menschen auf die Straße. Die Zahl der Todesopfer stieg auf mindestens vier, nachdem ein 45-jähriger Demonstrant aus Suez seinen Verletzungen erlag.

Die jahrelang aufgestaute Wut über die verheerende soziale Lage, den wirtschaftlichen Stillstand, die Korruption und die politische Unterdrückung macht sich Luft. Ermutigt durch den Sturz Ben Alis in Tunesien vor knapp zwei Wochen waren seit Dienstag in mehreren ägyptischen Städten zehntausende Regierungsgegner zu einem „Tag der Revolte gegen Folter, Armut, Korruption und Arbeitslosigkeit“ auf die Straße gegangen. Dabei kam es zu heftigen Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften. Zwei Demonstranten waren bereits am Dienstag in Suez getötet worden, zudem kam ein Polizist in Kairo ums Leben. Nach Angaben der Behörden wurden am Dienstag 200, gestern 500 Menschen festgenommen.

Nach dem Kurznachrichtendienst „Twitter“ ist jetzt offenbar auch die Seite des sozialen Netzwerks Facebook von den ägyptischen Behörden gesperrt worden. Ein Facebook-Sprecher verwies auf Angaben der Harvard-Universität. Demnach lagen Berichte aus Ägypten vor, wonach die Seite von Facebook nicht länger zugänglich ist. Twitter hatte am späten Dienstagabend bestätigt, dass seine Seite in Ägypten blockiert worden sei, offensichtlich um die Kommunikation unter den Demonstranten zu erschweren. Wie zuvor in Tunesien organisieren auch in Ägypten die meist jungen Oppositionsanhänger ihre Proteste über soziale Online-Netzwerke wie Facebook und Twitter.

Die westlichen Regierungen appellierten an Mubarak, sich Reformen zu öffnen und von einer Niederschlagung der Proteste abzusehen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich „sehr besorgt“ über die Entwicklung in dem nordafrikanischen Land. Zurückhaltung und Gewaltverzicht aller Beteiligten sei das „Gebot der Stunde“, sagte Westerwelle in Berlin.

Nach Ansicht der EU-Kommission seien die Proteste ein „Zeichen“ für die Hoffnungen vieler Menschen in dem Land auf einen „politischen Wechsel“.