Ströbele will Snowden im Zeugenstand sehen

Ein Rechtsgutachten der Regierung sorgt für Empörung bei der Opposition. Klage angedroht.

Hans-Christian Ströbele ist für eine Vernehmung von Edward Snowden.

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Berlin. Die Regierung blockt, die Opposition schäumt: Das Kanzleramt will eine Vernehmung des Whistleblowers Edward Snowden durch den NSA-Untersuchungsausschuss in Berlin aus staatstragenden Gründen verhindern. Das geht aus dem Entwurf eines Rechtsgutachten der Regierung hervor. Grüne und auch die Linke behalten sich deshalb eine Klage in Karlsruhe vor.

Dass die Regierung kein Interesse an einer Snowden-Anhörung hat, ist kein Geheimnis. Doch nun lieferte sie die schriftliche Begründung dafür nach. Es handelt sich um eine vom NSA-Untersuchungsausschuss angeforderte Stellungnahme, die dem Gremium am Freitag zugeleitet wurde. Demnach rechnet das Kanzleramt mit einer Gefährdung des „Staatswohls“, falls Snowden für eine Vernehmung nach Deutschland käme.

Der Amerikaner hatte im vergangenen Sommer eine massenhafte Ausspähung von Staaten inklusive ihrer Regierungen, darunter auch der deutschen, durch den US-Geheimdienst NSA enthüllt und entsprechende Dokumente internationalen Medien übergeben. Snowden wird deshalb per Haftbefehl von den USA gesucht. Seit einigen Monaten hält er sich in Russland auf. Die Bundesregierung argumentiert in ihrer Stellungnahmen, dass eine Vernehmung Snowdens in Deutschland „wichtigen politischen Interessen“ der Bundesrepublik zuwider liefe.

Die US-Geheimdienste, so die Befürchtung, könnten die Zusammenarbeit mit deutschen Diensten zurückfahren. Obendrein gebe es ein Auslieferungsabkommen mit den USA, und Asyl käme nicht in Frage, weil Snowden juristisch betrachtet ein Straftäter sei und kein politisch Verfolgter. Fazit der Stellungnahme: Falls Snowden in Berlin aussage, wäre „sehr wahrscheinlich mit schweren und dauerhaften Belastungen des Verhältnisses zu den Vereinigten Staaten von Amerika zu rechnen“.

Der Grünen-Politiker Christian Ströbele, der dem NSA-Untersuchungsausschuss angehört, wies diese Einschätzung gegenüber unserer Zeitung scharf zurück: „Alles, was da jetzt an die Wand gemalt wird, Aussetzung oder gar Bruch der Beziehungen zu Washington, ist großer Blödsinn.“ Eine Anhörung Snowdens durch Ausschuss-Mitglieder in seinem russischen Asyl, die die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme für möglich hält, oder auch per Video, hält Ströbele nicht für nutzbringend. „Angesichts der Ukraine-Krise und den Drohungen mit Sanktionen wäre die Atmosphäre für eine Vernehmung in Moskau alles andere als günstig.“ Hinzu komme, dass Snowden dort auch nicht frei in seinen Aussagen sei, meinte Ströbele.