Die Krise in der Ukraine sorgt für Annäherung

Zwischen Kanzlerin Merkel und US-Präsident Obama steht aber immer noch die NSA-Affäre.

Washington. Der Tag begann heiter: Barack Obama strahlt die Kanzlerin regelrecht an, als beide nebeneinander in seinem Arbeitszimmer, dem Oval Office, sitzen. Die rechte Hand streckt er ihr weit entgegen, als wolle er sagen: Lass uns den Streit begraben und wieder Freunde sein. Angela Merkel scherzt zum Auftakt des vierstündigen Treffens im Weißen Haus mit dem mächtigsten Mann der Welt, zieht sogar eine lustige Grimasse.

Im idyllischen Rosengarten gab es dann eine durchaus geteilte Tonalität. Viel Einigkeit in der Ukraine-Krise zwar, aber nach wie vor nicht ausgeräumte Differenzen in der Causa NSA.

Obama schwärmte zu Beginn geradezu mit dem vertrauten „Angela“ von der Kanzlerin als „einer meiner engsten Freunde auf der Bühne der Weltpolitik. Und ich schätze ihre Partnerschaft sehr“. Es sei schmerzlich, wie sehr der in Moskau im Asyl lebende Ex-NSA-Mitarbeiter und Informant Edward Snowden mit seinen Enthüllungen „unser Verhältnis gestört“ hat. Eine klare Entschuldigung für die jahrelange NSA-Abhörakton gegen Merkels Handy konnte sich Obama nicht abringen.

Auch den deutschen Vorwurf, das Weiße Haus habe letztlich das von den Amerikanern selbst angebotene No-Spy-Abkommen über einen gegenseitigen Spionageverzicht verhindert, bremste er aus. Dies sei „nicht ganz richtig“, sagte der Präsident. Selbst mit engsten Partnern gebe es so eine Abmachung nicht. „Deutschland ist in Sachen Freundschaft ganz oben auf der Liste“, betonte er.

Merkel blieb wie üblich kühler in ihren Freundschaftsbekundungen. Zwar sprach sie auch mal vom „lieben Barack“ und davon, dass es gut sei, in der Ukraine-Krise alle bisherigen Schritte gemeinsam gegangen zu sein. Bei den Konsequenzen aus der NSA-Affäre seien aber „weitere tiefe Diskussionen notwendig“, um die Meinungsunterschiede zu überwinden. Lockerlassen will Merkel nicht. „Es kann und wird mehr geben als, dass man einfach sagt, man geht zur Tagesordnung über.“

Besonders wurmt die Kanzlerin ein von US-Sicherheitsberaterin Susan Rice kürzlich überlieferter Satz, dass es doch schön sei, wenn man schon am Tag vor wichtigen UN-Gesprächen wisse, was der Verhandlungspartner so denke. Damit schien sie die US-Spionage selbst in der UN nicht nur bestätigt, sondern recht offenherzig gerechtfertigt zu haben.

Die Hauptfrage Obamas an Merkel im Oval Office dürfte gelautet haben: Wie halten Sie es mit scharfen Sanktionen gegen Russland? Merkel macht klar, dass für sie die Wahlen am 25. Mai der entscheidende Termin sind. Sollte die durch Russland forcierte Destabilisierung in der Ukraine fortgesetzt werden und den Urnengang gefährden, sei sie auch früher zu weiteren Strafmaßnahmen bereit.

Obama zeigte sich gegenüber den zögerlichen Europäern kompromissbereit. Eine politische Lösung stehe für ihn im Mittelpunkt. Viele Hardliner in Washington fordern dagegen ein viel schärferen Kurs gegen Moskau und warfen Merkel pünktlich zu ihrem Besuch Führungsschwäche vor.