Ukraine-Krieg Der Krieg in der Ukraine fordert weitere Opfer

Kiew/Moskau · Bei Luftangriffen auf zivile Ziele in Dnipro in Zentralukraine gab es einen Toten. Außerdem wurden die Militärflugplätze in Luzk und Iwano-Frankiwsk angegriffen. Zudem will Putin die Entsendung von "freiwilligen" Kämpfern in die Ukraine erleichtern

Der russische Präsident Putin will Entsendung von "freiwilligen" Kämpfern in die Ukraine erleichtern.

Foto: dpa/Mikhail Klimentyev

Das russische Militär hat seine Luftangriffe in der Ukraine ausgeweitet und auch den westlichen Teil des Landes unter Beschuss genommen. Im Wirtschaftskonflikt mit dem Westen droht Russland verstärkt internationalen Unternehmen, die sich aus Protest gegen den Krieg zurückziehen. Die USA, weitere G7-Länder und die EU könnten unterdessen den Weg für höhere Zölle auf russische Waren freimachen.

Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, in der Nacht zum Freitag seien Luftwaffenstützpunkte in der westukrainischen Gebietshauptstadt Iwano-Frankiwsk und in Luzk im Nordwesten des Landes mit „Hochpräzisionswaffen“ außer Gefecht gesetzt worden. Im Osten des Landes brachten prorussische Separatisten nach Militärangaben aus Moskau die Stadt Wolnowacha unter ihre Kontrolle. Sie war nach russischen Angaben seit dem 28. Februar eingekesselt. Eine Bestätigung von ukrainischer Seite gab es zunächst nicht. Die Angaben waren auch nicht unabhängig zu überprüfen.

Kremlchef Wladimir Putin sprach sich mehr als zwei Wochen nach dem Einmarsch in die Ukraine für die Entsendung Freiwilliger zur Unterstützung prorussischen Separatisten im Osten des Landes aus. Allein aus dem Nahen Osten hätten sich bereits über 16 000 Personen gemeldet, die für die „Befreiungsbewegung“ der selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk kämpfen wollten, sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Der russische Vormarsch in der Ukraine läuft angesichts der militärischen Übermacht langsamer als von Experten erwartet - während Schoigu betont, alles sei planmäßig.

Zum Freitag hätten die Separatisten-Truppen den Ring um die belagerte Hafenstadt Mariupol enger gezogen, sagte ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums. In der Stadt sitzen mehrere Hunderttausend Bewohner fest, ihre Lage wird angesichts der Kämpfe und Angriffe immer dramatischer.

Die ukrainische Armee konnte nach eigenen Angaben den Vormarsch russischer Einheiten an mehreren Orten zurückhalten. So seien im Norden russische Truppen nicht in die Stadt Tschernihiw gelassen worden. Bei Charkiw im Osten des Landes werde das russische Militär daran gehindert, die Stadt von Norden her zu blockieren.

Ein Toter bei Luftangriffen auf zivile Ziele in Dnipro in Zentralukraine

Bei russischen Luftangriffen auf zivile Ziele in der Stadt Dnipro in der Zentralukraine ist am Freitag nach Angaben der Rettungsdienste mindestens ein Mensch getötet worden. Am frühen Morgen "gab es drei Luftangriffe in der Stadt, die einen Kindergarten, ein Apartmenthaus und eine zweistöckige Schuhfabrik trafen", erklärten die Rettungskräfte. "Eine Person kam ums Leben."

Es handelte sich mutmaßlich um die ersten direkten Angriffe auf Dnipro. Die Stadt mit etwa einer Million Einwohnern war bislang von größeren russischen Militärangriffen verschont geblieben.

Selenskyj: Fast 100 000 Evakuierte - Mariupol weiter blockiert

Aus umkämpften Städten in der Ukraine sind in den vergangenen zwei Tagen fast 100 000 Menschen evakuiert worden, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videoansprache. Selenskyj warf Russland vor, den Fluchtkorridor und einen Sammelpunkt für flüchtende Menschen aus Mariupol am Donnerstag beschossen zu haben. Insgesamt verließen nach UN-Schätzung rund 2,3 Millionen Menschen die Ukraine.

Ukraine kann auf weitere Waffen aus der EU hoffen

Die ukrainischen Streitkräfte könnten weitere Waffen und Ausrüstung aus der EU bekommen. Nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel hat der Außenbeauftragte Josep Borrell beim Gipfeltreffen in Versailles vorgeschlagen, für zusätzliche Lieferungen 500 Millionen Euro zu mobilisieren. Ein erstes Paket über 500 Millionen Euro war bereits Ende Februar bewilligt worden.

Facebook-Konzern lockert Hassrede-Regeln für Krieg in Ukraine

Der Facebook-Konzern Meta lockert teilweise seine Regeln, um Aufrufe zur Gewalt gegen russische Truppen in der Ukraine zuzulassen. Als Beispiel für die Ausnahme nannte ein Facebook-Sprecher den Satz „Tod den russischen Eindringlingen“. „Wir werden weiterhin keine glaubwürdigen Aufrufe zur Gewalt gegen russische Zivilisten erlauben“, schrieb er bei Twitter. Die Lockerung gelte nur für Nutzer in einigen Ländern, darunter Ukraine, Russland, Polen, Lettland, Litauen, Estland und Ungarn, schrieb die „New York Times“.

Disney will alle Geschäfte in Russland aussetzen

Disney will wegen des Krieges gegen die Ukraine vorerst gar keine Geschäfte mehr in Russland machen. Der Unterhaltungsriese hatte vergangene Woche bereits angekündigt, keine Filme mehr in Russland herauszubringen. Nun stoppt der Konzern alle Aktivitäten - von seinen Fernsehsendern und der Vermarktung von TV-Inhalten über das Lizenzgeschäft bis hin zu Kreuzfahrten.

Staatsanwaltschaft wird Russland verlassende Unternehmen prüfen

Internationale Unternehmen, die wegen des Angriffs auf die Ukraine ihr Geschäft in Russland aussetzen, geraten ins Visier der russischen Generalstaatsanwaltschaft. Unter anderem soll dabei die Einhaltung der Verpflichtungen gegenüber russischen Arbeitnehmern geprüft werden. Jede Einstellung des Betriebs solle zudem auf Anzeichen einer absichtlichen oder Schein-Insolvenz geprüft werden. Die russische Regierung droht bereits offen mit der Enteignung der internationalen Unternehmen, die ihre Geschäfte in dem Land aussetzen.

Russland will UN-Sicherheitsratssitzung wegen angeblicher Biowaffen

Der UN-Sicherheitsrat soll sich nach dem Willen Russlands am Freitag mit angeblich von den USA in der Ukraine hergestellten Biowaffen beschäftigen. Hintergrund ist Russlands Vorwurf an die USA und die Ukraine, biologische Waffen zu entwickeln. Diese Woche behauptete das russische Verteidigungsministerium, in der Ukraine gebe es ein Netzwerk von Bio-Laboren, die für das US-Verteidigungsministerium arbeiteten. Internationale Faktenchecker haben diese Behauptung längst entkräftet. Die USA sehen die russischen Behauptungen als „Propaganda“ und möglichen Vorwand, selbst Massenvernichtungswaffen im Ukraine-Krieg einzusetzen.

Medien: USA wollen Weg für höhere Zölle gegen Russland freimachen

Die USA wollen laut Medienberichten gemeinsam mit anderen G7-Ländern und der EU den Weg für höhere Zölle auf russische Waren freimachen. Präsident Joe Biden werde den US-Kongress am Freitag ersuchen, die normalen Handelsbeziehungen zu Russland auszusetzen, berichteten unter anderem das „Wall Street Journal“ und der Finanzdienst Bloomberg. Aus der Perspektive des US-Außenhandels würde Russland damit in die gleiche Kategorie wie etwa Kuba oder Nordkorea fallen.

(AFP/DPA)