Ungeliebtes Bildungspaket

Die erste Bilanz des Angebots fällt bestenfalls gemischt aus. Kritiker sprechen von „Unsinn“.

Berlin. Ginge es nach dem Urteil von Sozialverbänden, Gewerkschaften und Opposition, dann würde das vor gut zwei Jahren von Bund und Ländern mühsam ausgehandelte Bildungspaket für bedürftige Kinder so schnell wie möglich wieder aufgeknüpft. „Pädagogischer Unsinn“, „Bürokratiemonster“, „Flop“ und „fern der Lebenswirklichkeit der betroffenen Kinder“ — das waren nur einige Attribute, mit denen die Organisationen am Freitag das Bildungs- und Teilhabepaket für die 2,5 Millionen Kinder von Langzeitarbeitslosen und Geringverdienern bedachten.

Was viele besonders schmerzt: Die nur befristet vereinbarte Förderung des Bundes der von allen als sinnvoll empfundenen Schulsozialarbeit läuft Ende 2013 aus — sofern es nach der Wahl nicht doch zu einer größeren Grundgesetzänderung kommt und das umstrittene Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildung fällt. Denn laut der erst 2006 geänderten Verfassung hat der Bund in der Schule eigentlich nichts zu suchen.

Doch es liegt auf der Hand, dass Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) knapp fünf Monate vor der Bundestagswahl zum zweiten Jahrestag ihres Bildungspaketes eine völlig andere, positive Bilanz zog als die Kritiker. Lange hatte sich von der Leyen mit dem Bericht zurückgehalten, waren doch immer wieder Zahlen über schleppenden Mittelabfluss und zögerliche Inanspruchnahme durch die Betroffenen durchgesickert.

2010 hatte das Bundesverfassungsgericht bei der Überprüfung der Hartz-IV-Regelsätze auch Kindern aus armen Familien ein Teilhaberecht an Bildung und am gesellschaftlichen Leben Gleichaltriger zugesprochen. Die Anschaffung von Lernmaterialien oder auch Klassenfahrten und Mitgliedschaften in Sport- oder Musikvereinen dürften nicht am spärlichen Haushaltsbudget ihrer Eltern scheitern.

Das Ergebnis heute: Zehn Euro pro Monat können die bedürftigen Jugendlichen pro Monat für Teilhabe am Vereinsleben in Anspruch nehmen. Bund und Länder haben sich vor einigen Wochen auf ein vereinfachtes Antragsverfahren verständigt. Verzichtet der Verein freiwillig auf die Jahresgebühr von 120 Euro, dann dürfen für das Geld auch Turnschuhe oder Sportkleidung gekauft werden.

Gleichwohl haben viele bedürftige Kinder mit dem Bildungspaket erstmals von Leistungen profitiert, von denen sie zuvor meist ausgeschlossen waren: Fast 70 Prozent derjenigen, die erstmals Geld für eine mehrtägige Klassenfahrt erhielten, hatten zuvor keinen Antrag gestellt. Die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände streben weitere inhaltliche Verbesserungen und einen umfassenden Bürokratieabbau an.