„Unser Bedauern ist sehr groß“

Die Juso-Chefin Franziska Drohsel (28) zum Führungswechsel.

Frau Drohsel, blicken Sie schon wieder frohen Mutes nach vorne - oder überwiegt noch der Schock vom Sonntag?

Drohsel: Das Bedauern darüber, dass Kurt Beck zurückgetreten ist, ist natürlich sehr groß. Entscheidend ist, wie sich die SPD nun inhaltlich aufstellt. Und da ist für uns Jusos klar, dass es ein Zurück zur Agenda 2010 nicht geben kann. Wir müssen den Schwerpunkt wieder auf die soziale Gerechtigkeit legen.

Nun stehen Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier für eben diese Agenda 2010. Glauben Sie wirklich, dass Sie ausgerechnet mit diesem Spitzenduo das Rad der Geschichte zurückdrehen können?

Drohsel: Die SPD ist eine demokratische Partei. Beschlüsse gelten für alle, auch für die, die eine besondere Verantwortung tragen.

Da fällt uns die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I ein, die der Hamburger Parteitag auf Initiative von Kurt Beck und gegen Franz Müntefering beschlossen hat. Ist die Gefahr jetzt nicht groß, dass der linke Flügel an den Rand gedrängt wird?

Drohsel: Ich bin schon der Meinung, dass die engere Parteiführung personell die Gesamtpartei widerspiegeln muss. Darüber werden wir noch in den nächsten Tagen sprechen müssen.

Was heißt das konkret?

Drohsel: Bei der gegenwärtigen Zusammensetzung der engeren Parteiführung sind jedenfalls Zweifel angebracht, dass sich dort alle Teile der Partei repräsentiert fühlen.

Sprechen Sie da eine Position für sich selbst an?

Drohsel: Quatsch, darum geht es mir nicht. Auf gar keinen Fall!

Was kann Franz Müntefering von der Art lernen, wie Kurt Beck die Partei geführt hat?

Drohsel: Kurt Beck hat die gesamte Partei stets an den Diskussionen beteiligt und die Gremien sehr ernst genommen. Ich wünsche mir, dass es diesen Umgang miteinander in der Partei auch weiter gibt. Eine Politik, die von oben nach unten durchgesetzt wird, wünsche ich mir nicht zurück.

Frau Drohsel, Sie treten für Bündnisse mit der Linkspartei ein. Wie soll das in einer Müntefering-Steinmeier-Partei reale Politik werden?

Drohsel: Ganz einfach, indem man dem Beschluss des Parteivorstandes folgt und den Landesverbänden freie Hand dabei lässt, ob sie Bündnisse mit der Linkspartei eingehen oder nicht. Diesen Beschluss hat im übrigen auch Frank-Walter Steinmeier mitgetragen.

Wann wäre Ihrer Meinung nach die SPD reif für ein Bündnis mit der Linkspartei auf Bundesebene?

Drohsel: Das ist ein offener Prozess. Es kommt darauf an, ob es inhaltliche Übereinstimmungen gibt und ob sich die handelnden Personen vertrauen können.