Die SPD-Führung steht – der linke Flügel murrt

Der Parteivorstand hat das neue Spitzenduo offiziell nominiert. Doch von einem innerparteilichen Frieden sind die Sozialdemokraten noch weit entfernt.

Berlin/Düsseldorf. Nach dem politischen Erdbeben vom Wochenende brodelt es in der SPD weiter - zumindest unterhalb der Oberfläche. Der 44-köpfige SPD-Vorstand nominierte am Montag zwar offiziell Frank-Walter Steinmeier zum Kanzlerkandidaten und Franz Müntefering zum neuen Parteichef. Doch während die Entscheidung für Steinmeier einstimmig ausfiel, musste Müntefering fünf Enthaltungen und eine Gegenstimme hinnehmen. Letztere kam vom SPD-Linken Ottmar Schreiner. Auch die Enthaltungen kamen aus dem linken Parteispektrum.

Müntefering sprach später zwar davon, dass er ein "ganz ordentlich gutes Ergebnis" erzielt habe. Politische Beobachter gehen jedoch davon aus, dass er den linken Parteiflügel noch lange nicht hinter sich hat. Der Schock über den überraschenden Rücktritt von Kurt Beck vom Parteivorsitz und die Begleitumstände sitzt dort offenbar zu tief.

Die Vorstandssitzung verlief nach Informationen unserer Zeitung ungewöhnlich turbulent. Nach Teilnehmerangaben gab es viele - zum Teil lautstarke - Beiträge, in denen ein fairerer Umgang miteinander angemahnt wurde. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit beklagte vor der Sitzung, dass "die Art, wie Beck gegangen ist oder gehen musste", einen "Beigeschmack" habe.

Überraschend deutlich ging die IG Metall auf Distanz zur neuen Parteiführung. Er sei "mehr als irritiert", sagte Gewerkschaftschef Berthold Huber. "Das wird unsere Bemühungen um Unabhängigkeit eher befeuern als alte Nähe zurückzubringen." Die IG Metall gehört zu den Kritikern der Reformpolitik, für die Müntefering und Steinmeier stehen.

Beide kündigten an, es werde keine weiteren Änderungen in der SPD-Führung und im Bundeskabinett geben. Aus Mainz hieß es, Beck werde in Rheinland-Pfalz sowohl Ministerpräsident als auch SPD-Landeschef bleiben. Müntefering sagte, er werde den Kontakt mit Beck suchen. "Ich hoffe, dass wir uns aussprechen können."

Der Düsseldorfer Parteienforscher Ulrich von Alemann bezeichnete den Rücktritt Becks derweil als eine "beleidigte Reaktion". Der Politik-Professor zeigte sich im Gespräch mit unserer Zeitung erstaunt darüber, dass Beck als Grund für seinen Rücktritt vorab gestreute Informationen zur Kür des Kanzlerkandidaten angegeben habe. "Wir leben in einer Mediendemokratie", sagte Alemann dazu. "Hat Kurt Beck das nicht gewusst?"