US-Präsident Bush: Nicht nur in Sachen Klima unter Druck

Beim Gipfel in Heiligendamm steht US-Präsident Bush auf mehreren Feldern vor harten Gesprächen.

<strong>Washington. Innenpolitisch schwer angeschlagen, hatte US-Präsident George W. Bush gehofft, dass der G8-Gipfel in Heiligendamm eine Gelegenheit sei, mit höflichen Floskeln und unverbindlichen Abschlusserklärungen unter Freunden für kurze Zeit dem harten Alltag in Washington zu entfliehen. Doch Bush kommt vom Regen in die Traufe. Ob nämlich bei dem Streit mit den Europäern über Klimaschutz, dem Disput mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über den geplanten US-Raketenschild oder dem sich zuspitzenden Konflikt mit China um Wechselkurspolitik und wachsende US-Defizite - beim Gipfel ist für Zündstoff gesorgt.

Eine seriöse Initiative oder doch nur ein PR-Manöver?

Mit seinem neuen Vorstoß, der die weltgrößten Umweltverschmutzer langfristig verpflichten soll, ihren CO2-Ausstoß zu verringern, will Bush im Vorfeld der Konferenz die Stimmung entkrampfen. Doch Kritiker sehen in der Initiative reine Makulatur.

Umweltorganisationen nehmen in ihrer Kritik kein Blatt vor den Mund. Bush wolle, so ihre Einschätzung, lediglich verhindern, dass er beim Gipfeltreffen wegen seiner Ablehnung von CO2-Obergrenzen an den Pranger gestellt wird.

Klimapolitik US-Präsident Bush lehnt Obergrenzen für den CO2-Ausstoß deswegen ab, weil diese wie die übrigen Vorgaben des Kyoto-Protokolls nach Ansicht des Weißen Hauses für die US-Wirtschaft, insbesondere die Öl-, Auto- und Luftfahrtindustrie sowie deren Zulieferer, Kosten in dreistelliger Milliardenhöhe verursachen würden.

Handelsdefizit Das US-Handelsdefizit gegenüber China stieg 2006 auf 232 Milliarden Dollar und macht fast ein Drittel des gesamten US-Defizits aus. Die USA fordern, dass Peking die eigene Währung (Yuan) nicht mehr an den Dollar koppelt.

Russland Bei den zahlreichen Konflikten mit Wladimir Putin werden in Heiligendamm keine Fortschritte erwartet. Dafür setzt Bush vielmehr auf Vieraugengespräche im Urlaubsort Kennebunkport, Maine, wo im Sommer erstmals ein ausländischer Regierungschef Zeit mit beiden George Bushs und deren Familie verbringen wird.

So ist das also. Angela Merkel bezeichnet Bushs Klima-Vorstoß als "wichtige Stellungnahme", die "Bewegung in die Sache bringt". Die Chef-Diplomatin im Kanzleramt spricht, als traute sie dem US-Präsidenten die Rolle des Weltenretters zu.

Jenseits des diplomatischen Taktierens dürfte bei ihr aber blankes Entsetzen herrschen über den jüngsten Coup der PR-Strategen im Weißen Haus. Bush hat nämlich einen giftigen Cocktail gemischt, dazu geeignet, nicht nur den Gipfel von Heiligendamm zu lähmen, sondern auch generell die Klima-Ambitionen der Weltgemeinschaft abzutöten. Denn wenn künftig allein die größten Kohlendioxid-Verursacher darüber entscheiden sollen, was in die Atmosphäre geblasen werden darf, dann ist das Ergebnis vorhersehbar.

George Bush bleibt sich treu, indem er wieder einmal auf das Kyoto-Protokoll im Speziellen und die Vereinten Nationen im Allgemeinen pfeift. Als PR-Nummer muss man dem Vorstoß allerdings Respekt zollen, denn Bush gelingt die Quadratur des Kreises. Er wälzt mit seiner Idee, die 15 größten Klima-Schädlinge pünktlich zum Ende seiner Regierungszeit in Washington an einen Tisch zu setzen, das leidige Thema auf seinen Nachfolger ab. Zugleich erklärt er die Unverbindlichkeit zum Maß aller Dinge und präsentiert sich dennoch als Retter des Planeten.

Merkel zwingt dieses Gaukelwerk zu diplomatischer Artistik. Einerseits weiß sie, dass jetzt in Heiligendamm ein politisches Klima-Desaster droht. Andererseits weiß sie aber auch: Würde sie Bushs Offerte öffentlich geißeln, stände sie als bockige Bremserin da, Bush als Entscheider. Deshalb muss sie versuchen, die USA gegen alle Widrigkeiten in den globalen Klimaschutz einzubinden. Das eigentliche Kunststück von Heiligendamm wird darin bestehen, einen Kompromiss zu finden, der einerseits das Kyoto-Protokoll stärkt, andererseits aber den US-Präsidenten nicht düpiert.