NRW-Minister Oliver Wittke: „Für beide Seiten verlässlich“
Interview: Minister Oliver Wittke will mehr Luftverkehr – und effektiven Anwohnerschutz.
<b>Düsseldorf. Herr Wittke, die von Ihnen ausgestellte Betriebsgenehmigung für den Flughafen Düsseldorf ist vom OberverwaltungsgerichtMünster bestätigt worden. Ein Votum über den Tag hinaus? Wittke: Mir sind zwei Dinge wichtig. Erstens: Diese Landesregierung hat gleich gesagt, dass sie eine aktive Luftverkehrspolitik für NRW will. Das haben wir nach dem Regierungswechsel mit der neuen Betriebsgenehmigung unter Beweis gestellt. Zweitens bin ich sehr zufrieden, dass das OVG diesen Schritt bestätigt hat. Die Genehmigung ist gerichtsfest. Das hatten manche bezweifelt. Die Luftfahrt legt international kontinuierlich zu. Welchen Stellenwert hat die Branche künftig für die Landesregierung? Wittke: Eine hohe Priorität. Allein am Düsseldorfer Flughafen haben wir 16 000 Arbeitsplätze, in Köln 12 000. Diese Zahlen muss man mit dem Faktor drei multiplizieren, wenn man das Umland einbezieht. Das ist ja auch das, was mir an dem Urteil gefällt. Es hat auf die öffentliche Notwendigkeit des Flughafens für den Wirtschaftsstandort NRW abgehoben. Bei der Genehmigung ging es ja nicht darum, der Stadt Düsseldorf oder einem Unternehmen, das am Flughafen beteiligt ist, die Taschen voll zu machen. Es ist herausgestellt worden, wie wichtig der Flughafen als Standortfaktor ist. In Europa haben nur London und Paris ein besseres Einzugsgebiet. Die Flughafen-Gegner bleiben aber hartnäckig. Sind die Vorteile etwa in der Öffentlichkeit nicht angekommen? Wittke: Doch, das glaube ich schon. Man muss die berechtigten Interessen der Anlieger abwägen gegenüber dem öffentlichen Interesse. Das haben wir getan - und die Genehmigung ist ja nicht bedingungslos. Wir haben die Lärmschutzzone ausgeweitet. Ich dränge intensiv darauf, dass die Programme zügig abgearbeitet werden. Es kann nicht sein, dass die Leute mitunter Jahre auf Schutzfenster oder anderes, auf das sie Anspruch haben, warten müssen. Es ist gut, dass der Flughafen jetzt deutlich mehr tut. Die Genehmigung muss für beide Seiten verlässlich sein. Die Anlieger beschweren sich massiv über zu spät landende Flugzeuge. Wittke: Oder zu frühe. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn vor 6 Uhr morgens leere Flugzeuge landen, die am Abend vorher nicht mehr hereinkommen durften. Für die Überwachung haben wir das Slot-Monitoring eingeführt, das sehr intensiv von den Bürgern genutzt wird. Ich weiß, dass die Airlines hier unter Druck geraten. Eine setzt wegen permanenter Verspätungen jetzt einen zweiten Jet ein. So etwas finde ich gut, denn die Frage ist doch: Wie kann ich die Situation für die vom Lärm betroffenen Bürger verbessern? Man sollte sich dabei insgesamt nicht an Äußerlichkeiten orientieren. Was heißt das? Wittke: Wir müssen kreative Lösungen finden. Das kann in alle Richtungen gehen. Hauptsache, es werden mehr Schutz für die eine und mehr Flexibilität für die andere Seite ermöglicht. Es muss doch nicht ewig um die Frage gehen, wann ich zwei Bahnen benutze. Und vielleicht gibt’s weniger Lärm, wenn man größere und leisere Flugzeug einsetzt. Sie sprechen damit den Angerland-Vergleich an, der den vollen Zweibahnbetrieb ausschließt. Soll der weg? Wittke: Das ist nicht mein Thema. Für mich ist erst einmal wichtig, dass die neue Genehmigung effektiv genutzt wird. Effizient sind für mich Direktflüge nach Atlanta oder Hongkong. Zudem setze ich auf Dialog und erarbeite bis spätestens 2010 ein neues Luftverkehrskonzept. Der Verkehrsminister stellt jedoch keine Genehmigungsanträge. Da müssen Sie schon den Flughafen-Betreiber ansprechen. Er und die Städte Ratingen und Düsseldorf müssen sich zusammensetzen, um den Angerlandvergleich zu diskutieren. In NRW hat sich der Luftverkehr dezentral entwickelt. In Köln, Dortmund, Münster und Weeze. 2006, als in Düsseldorf wieder Wachstum möglich war, lag das Passagier-Plus bei sieben Prozent, also über Branchendurchschnitt. Sollte der größte NRW-Flughafen nicht im Mittelpunkt der Politik stehen? Wittke: Wir sind mit der dezentralen Struktur gut aufgestellt, weil die Flughäfen unterschiedliche Stärken haben. In der Verkehrskonzeption 2010 wird auch nicht stehen, dass wir Flughäfen zurückbauen wollen. Welche Rolle spielt in Ihren Überlegungen der Flughafen Mönchengladbach? Wittke: Die Debatte steht aus. Die aktuelle Konzeption sieht einen Ausbau nicht vor. Außerdem ist der Gebietsentwicklungsplan nicht geändert worden, da ist die weitere Entwicklung abzuwarten.
Oliver Wittke (CDU)
Lebensdaten Geboren 1966. Verheiratet, zwei Kinder.
Ausbildung Nach dem Abitur in Gelsenkirchen studierte er Wirtschaftswissenschaft und Geographie in Bochum.
Karriere 1995-1999: Mitglied im Landtag, Mitglied im CDU-Fraktionsvorstand. 1999-2004: Oberbürgermeister von Gelsenkirchen. Seit Juni 2005: Landesminister für Bauen und Verkehr.