Verplante Kindheit: Wenn der Stress nach Schulschluss weitergeht

Nicht nur der Unterricht, auch zu viele Hobbys können Kinder unter Druck setzen. Eine Folge sind oft schlechtere Noten.

Düsseldorf. Wenn nach der letzten Unterrichtsstunde die Glocke ertönt, freuen sich Schüler auf einen freien Nachmittag. Doch schon bei den Jüngsten wird die Freizeit durch zahlreiche Aktivitäten in ein enges Zeitkorsett gepresst. Die Folge: Neben vielen Hobbys müssen Schüler auch noch Hausaufgaben bewältigen und für die Schule lernen.

Darunter leiden nicht selten die Noten, und Eltern greifen schon in der Grundschule auf Nachhilfe zurück. Häufig steckt hinter dem Aktionismus aber auch die Angst, dass es ihr Kind beim Übergang zur weiterführenden Schule nicht auf das Gymnasium schafft. Und so steigt schon bei Grundschülern — insbesondere in der vierten Klasse — der Anteil, der regelmäßig Nachhilfe erhält. Dies geht aus einer Studie der Bertelsmann Stiftung hervor.

Prof. Kai Maaz, Bildungsforscher an der Universität Potsdam, kennt die Problematik. Er erklärt, dass der Übergang von der Grundschule zur weiterführenden Schule der „bedeutendste Bildungsübergang“ für Schüler sei.

Eltern, insbesondere solche aus sozial begünstigten Schichten und mit Bildungsnähe, hätten daher ein „hochgradiges Interesse“ daran, dass ihr Kind die Schulform ihrer Wahl besuche. Diese seien dann auch bereit, in Nachhilfeunterricht zu investieren.

Nach Angaben von Maaz genießt dabei das Gymnasium weiterhin den Ruf als die attraktivste Schulform. Er rechnet aber damit, dass mit der zunehmenden Abkehr vom dreigliedrigen Schulsystem der Druck auf Viertklässler wieder abnehmen wird.

Brigit Nösser, Schulleiterin der Carl-Sonnenschein-Grundschule in Düsseldorf, bestätigt: „Neben vielen Hobbys ist es schwer, alles unter einen Hut zu bekommen. Die Schüler stehen unter Druck, das äußert sich in Kopf- und Bauchschmerzen.“

Der Grundschulverband NRW befürwortet deswegen ein längeres gemeinsames Lernen. Beate Schweitzer, Vorstandsmitglied des Verbandes, betont, es gebe bei Kindern Entwicklungsunterschiede von bis zu drei Jahren, wenn sie auf die weiterführende Schule wechseln.

Zugleich warnt der Verband vor einer „verplanten Kindheit“ — also zu vielen Freizeitbeschäftigungen. Kinder könnten heute immer weniger ihre Zeit selbst gestalten. Auch das sei ein Stressfaktor, der letztlich das Lernen behindere.