Votum für Fiskalpakt doch vor Sommerpause möglich
Berlin (dpa) - Überraschend ist ein gemeinsames Ja von Schwarz-Gelb mit SPD und Grünen zum Fiskalpakt und zum Euro-Rettungsschirm ESM in greifbare Nähe gerückt. Bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt gingen am Donnerstag das Regierungslager und die Opposition aufeinander zu.
SPD und Grüne knüpften ihre Zustimmung noch vor der Sommerpause aber an Wachstums- und Investitionsimpulse für Euro-Krisenländer. Ob Deutschland den Fiskalpakt und ESM Ende Juni absegnen und ein starkes Signal in der Schuldenkrise setzen kann, soll sich bei einem weiteren Gipfel im Kanzleramt am 13. Juni entscheiden.
SPD-Chef Sigmar Gabriel meinte, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe sich bewegt: „Die Regierung hat ihre Blockade gegen einen zusätzlichen Wachstums- und Investitionspakt aufgegeben.“ Merkel müsse dies nun auf europäischer Ebene durchsetzen. Grünen-Fraktionschefin Jürgen Trittin forderte von Merkel, einen Konsens mit Frankreich, Spanien und Italien zu erreichen.
Vor dem Treffen hatte Merkel erneut eine gemeinsame Haftung bei Staatsschulden über Eurobonds strikt abgelehnt. „Es hat keinen Sinn, dass alles jetzt durch Eurobonds oder was auch immer - scheinbar solidarische Instrumente - zuzukleistern, um anschließend noch schwierigere Verhältnisse vorzufinden in Europa, als wir sie heute haben.“
Der Anfang März unterzeichnete Pakt von 25 der 27 EU-Staaten schreibt strengere Haushaltsregeln und Schuldenabbau vor. Zur Umsetzung in Deutschland braucht die Koalition eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat und damit Stimmen der Opposition. Die Länderkammer kommt am 6. Juli zur letzten Sitzung vor dem Sommer zusammen.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) pochte darauf, dass über Fiskalpakt und ESM gemeinsam abgestimmt werden müsse. Bis zum 13. Juni würden unter anderem verfassungsrechtliche Probleme sowie die konkrete Ausgestaltung einer Wachstumsstrategie für Europa geklärt. Dann könnte der Bundestag noch in der letzten Sitzungswoche Ende Juni entscheiden.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier unterstrich, bei den europäischen Regeln für mehr Haushaltsdisziplin müssten die Rechte des Bundestages und der Länder gewahrt bleiben. Zudem müsse Merkel Fortschritte zur Einführung einer Börsensteuer zur Beteiligung der Banken an den Krisenkosten vorweisen.
Grünen-Chef Cem Özdemir sagte: „Es gibt keinen Blankoscheck.“ Die Grünen würden sich aber im Interesse Europas verantwortungsvoll verhalten. „Die EU braucht dringend eine politische Union neben einer gemeinsamen Währung.“ Sollte es eine Einigung mit Schwarz-Gelb noch vor der Sommerpause geben, würden die Grünen auf einen Sonderparteitag verzichten.
Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Gregor Gysi, machte erneut verfassungsrechtliche Bedenken geltend. Er gehe aber davon aus, dass die SPD mitziehen werde. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle drang auf eine rasche Entscheidung. Nur so würden private Investoren wieder Vertrauen in den Euro fassen. Die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt betonte, Solidarität über die Euro-Rettungshilfen müsse kombiniert werden mit solider Haushaltsführung in den Krisenländern.