Gesundheitsämter überfordert Warnung vor Corona-Impfpflicht für Pflegeberufe „mit der Brechstange“

Berlin · Bis zum 15. März sollen Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind. Andernfalls sind die Gesundheitsämter am Zug. So zumindest der Plan. Doch die sehen sich überfordert.

Die Forderungen nach einer Verschiebung der Corona-Impfpflicht für Beschäftigte von Kliniken und Pflegeheimen werden lauter.

Foto: dpa/Gaetan Bally

Die Forderungen nach einer Verschiebung der Corona-Impfpflicht für Beschäftigte von Kliniken und Pflegeheimen werden lauter. „Die Impfpflicht für medizinisch-pflegerische Berufe darf nicht mit der Brechstange eingeführt werden“, sagte der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der Deutschen Presse-Agentur. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) müsse die Sorgen vor Ort ernst nehmen.

„Gesundheitsämter, Ordnungsbehörden und Arbeitgeber sehen sich nicht in der Lage, das Mammutwerk bis zum 15. März ohne schwere Verwerfungen durchzusetzen“, sagte Brysch. Lauterbach müsse wissen, dass die Versorgung von bis zu 200 000 Pflegebedürftigen und Kranken in Gefahr sei. „Ein Aufschub ist dringend geboten.“

Das von Bundestag und Bundesrat beschlossene Gesetz legt fest, dass Beschäftigte in Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen wie Pflegeheimen und Kliniken bis 15. März nachweisen müssen, dass sie gegen Corona geimpft oder vor einer Infektion genesen sind - oder ein Attest vorlegen, dass sie nicht geimpft werden können. Arbeitgeber müssen die Gesundheitsämter informieren, wenn dies nicht geschieht.

Die Gesundheitsämter sehen sich mit der Kontrolle jedoch überfordert. Man rechne damit, dass im Schnitt bei fünf bis zehn Prozent der Mitarbeiter kein eindeutiger Nachweis oder kein vollständiger Impfschutz vorliege und eine Meldung an das Gesundheitsamt erfolge, sagte Elke Bruns-Philipps, die stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, der „Rheinischen Post“ (Dienstag).

„Das ist eine erhebliche Belastung mit der Prüfung jedes Einzelfalls, wie es jetzt vorgesehen ist, die die Gesundheitsämter nicht zeitnah bewältigen können“, kritisierte sie. „Es ist grundsätzlich ein Verfahren mit erneuter Fristsetzung des Gesundheitsamtes zur Vorlage von Impfdokumenten und einer Anhörung vorgesehen.“ Die Beschäftigten dürfen zunächst einmal weiterarbeiten. Das Gesundheitsamt entscheide „über das weitere Vorgehen und die zu ergreifenden Maßnahmen im Rahmen seines Ermessens“, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums dem „Business Insider“.

Der Vorstandschef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, regte eine Fristverlängerung an. „Wir unterstützen die einrichtungsbezogene Impflicht. Allerdings sind wesentliche Fragen der weiteren Umsetzung noch ungeklärt, und deshalb kann es notwendig sein, Fristen im Verfahren anzupassen“, sagte er der „Rheinischen Post“.

Wenn das Gesundheitsamt für einen Ungeimpften ein Betretungsverbot für den Arbeitsplatz ausspreche, werde der Betroffene von der Arbeit freigestellt, selbstverständlich ohne Lohnfortzahlung. Aber: „Sollte bei Einzelnen die Erstimpfung bereits vorliegen, können die weiteren Impfungen schnell nachgeholt werden. In diesen Fällen können wir uns pragmatische Lösungen, wie zum Beispiel eine Fristverlängerung vorstellen, um die Mitarbeitenden zu halten.“

(dpa)