Was die Landesregierung bisher erreicht hat

Am Montag vor einem Jahr gewannen CDU und FDP die Landtagswahl in NRW. Eine Zwischenbilanz.

Armin Laschet, CDU: Der Ministerpräsident ist omipräsent und enorm fleißig, erarbeitet sich so viel Respekt, obwohl er bei Personalentscheidungen zum Teil hanebüchene Anfangsfehler als Geschenk an die unter dem Wahlergebnis eigentlich zerrüttete Opposition servierte. Laschet ist sicher in den Themen, bisweilen aber auch noch zu oberflächlich. Das rächte sich etwa in Belgien, als er ob eines fehlgelaufenen Erwartungsmanagements zu Tihange und Doel vor mitgereisten Journalisten kleinlaut die Rückreise antrat.

Hat den Vorteil, dass er angesichts guter Einnahmen viele Projekte initiieren und einiges Wählerinteresse befriedigen kann. Wankt zwischen staatsmännischer Eitelkeit und sympathisch-humorvollem Auftritt, ist als Kommunikator aber überhaupt nicht verdächtig, vom Horionplatz aus arrogant zu regieren.

Karl-Josef Laumann, CDU: Für ein politisches Alpha-Tier bleibt es erstaunlich ruhig um ihn. Kümmert sich beharrlich um Pflege und neue Ärzte auf dem Land, verkauft das aber alles ziemlich zurückhaltend. Mischt sich über sein Ressort hinaus gar nicht mehr ein. Impulsgeber geht eigentlich anders. Aber diesbezüglich überlässt der Routinier anderen das Feld.

Ina Scharrenbach, CDU: Haften bleiben vor allem Heimat und Heino. Ist darum bemüht, dem offenbar angesagten Heimatbegriff eine neue Heimat zu geben. Und definiert ihr Ministerium so engagiert seit fast einem Jahr. Die Heino-Platte mit politisch anrüchigem Liedgut ist ein Fauxpas, den sie mit westfälischer Starrköpfigkeit ausgesessen hat. Da hat sie von politischen Großkalibern viel lernen können.

Joachim Stamp, FDP: Viel weniger darauf erpicht, in der ersten Reihe zu stehen als Vorgänger Christian Lindner. Dadurch ist der FDP-Stamp als stellvertretender Ministerpräsident ein ziemlich verlässlicher Partner für CDU-MP-Laschet. Arbeitet sowohl an Integration und Abschiebung durchaus intensiv und öffentlichkeitswirksam. Das Kinderbildungsgesetz aber ist sein dringender Auftrag, bei dem er dem eigenen Zeitplan hinterherhechelt.

Yvonne Gebauer, FDP: Die Kölner FDP-Chefin hat sehr schnell sehr viel angestoßen: Vollbremsung bei der Inklusion, zurück zu G9, verzweifelte Lehrersuche und Lehrerkampagne. Der vielleicht größte Wert: Verschafft der Schulpolitik mit Beharrlichkeit wieder eine Datenbasis, mit der sich Zukunft in einem wirklich wichtigen Landeskompetenzfeld planen lässt. Jetzt braucht es nur noch einen guten Draht zu Finanzminister Lienenkämper. Das alles ist nämlich ziemlich teuer.

Stephan Holthoff-Pförtner, CDU: Der Medienminister war schnell der Medienzuständigkeit beraubt — und damit der wichtigsten Baustelle seines Ressorts, die jetzt Laschet selbst zusammen mit seiner rechten Hand Nathanael Liminski in der Staatskanzlei bearbeitet. Um den Interessenskonflikt hätten Laschet, aber auch der WAZ-Konzern-Teilhaber Holthoff-Pförtner selbst wissen müssen. Ein böser Webfehler der Regierungsaufstellung. Seither arbeitet er im Hintergrund als Lobbyist für NRW.

Peter Biesenbach, CDU: Hat einen furiosen Start hingelegt und besonders mit einem neuen Opferschutzbeauftragten und einer Ausweitung der Hilfen für Opferfamilien Akzente für verantwortliches Handeln gesetzt. Hat seinen lokalen Fauxpas, als er Fraktionschef im Oberbergischen Kreistag bleiben wollte, noch rechtzeitig korrigiert. Zuletzt ist es leiser um ihn geworden, wohl auch, weil er Vorhaben wie den Digitalen Hausfriedensbruch oder den Wunsch, Schwarzfahren nicht mehr als Straftat zu werten, nicht durchgesetzt hat. Die SPD schimpfte ihn deswegen „eifrig in der medialen Ankündigung“.

Andreas Pinkwart, FDP: Ein fleißiger Minister, der hohes Tempo geht und Akzente setzt, wenn es um Unterstützung für die Startup-Szene in NRW geht. Der Minister für Wirtschaft, Digitales, Innovation und Energie hat viele Baustellen, Entfesselungspakete helfen allein nicht weiter. Bis auf den Kompromiss bei den Sonntagsöffnungszeiten konnte er noch keine großen Ergebnisse präsentieren.

Christina Schulze Föcking, CDU: Die 41-jährige Landwirtschaftsministerin hat den derzeit schwersten Stand. In der „Schweine-Affäre“ werfen Tierschützer der Ministerin Missstände auf dem heimischen Hof vor. Mit der Abschaffung der Stabsstelle Umweltkriminalität hält die Opposition ihr vor, eigene Interessen zu vertreten, da sich die Stabsstelle auch mit den abgebissenen Schwänzen der Schweine auf ihrem Hof befasst habe. Der angebliche Hacker-Angriff auf ihre Privatwohnung, der in Wirklichkeit nie stattgefunden hat, bringt auch den Ministerpräsidenten unter Rechtfertigungsdruck und belastet die Koalition. Nun droht der Ministerin auch noch ein Untersuchungsausschuss, in dem noch mehr unangenehme Fragen auf sie zukommen werden.

Lutz Lienenkämper, CDU: Der Finanzminister will schon 2018 keine neuen Schulden mehr machen. Konsolidieren, modernisieren und investieren lautet sein Credo. Angesichts der guten Haushaltslage ist der Job allerdings nicht ganz so schwer. Der Meerbuscher entmachtet allerdings die Wuppertaler Steuerfahndung, die erfolgreich Steuer-CDs aus der Schweiz eingekauft hat. Das bringt ihm reichlich Kritik ein.

Herbert Reul, CDU: Vorgänger Ralf Jäger (SPD) stand stark unter Beschuss, Herbert Reul will die Innere Sicherheit zu einem Gewinner-Thema machen. Das ist ihm bislang ganz gut gelungen. Der Innenminister vertritt eine Null-Toleranz-Politik. Noch vor der Sommerpause soll der Landtag das „Sicherheitspaket I“ verabschieden. Darin erhält die Polizei u.a. mehr Befugnisse im Kampf gegen Gefährder, die Videoüberwachung wird ausgeweitet.

Isabel Pfeiffer-Poensgen, parteilos. Mit dem politischen Betrieb muss sich die Kultur- und Wissenschaftsministerin aus Aachen erst noch arrangieren. Die Idee der Koalition, Gebühren für ausländische Studenten einzuführen, ist sie noch nicht angegangen, da sie erst die Erfahrungen aus Baden-Württemberg abwarten wolle.

Hendrik Wüst, CDU: Der 42-Jährige kämpft gegen den Stau und die gute Politik seines Amtsvorgängers Mike Groschek (SPD). Der Verkehrsminister muss beweisen, dass er kein Ankündigungsminister bleibt und die großen Straßenbauprojekte auch zügig umsetzen. Am Geld sollte es nicht mangeln. Beim Sozialticket musste sich Wüst korrigieren: Nach breitem Protest hielt Wüst am Ticket fest.