Wettlauf der Programme
Die SPD legt überraschend ein Paket auf den Tisch – während die Union noch streitet.
Berlin. Horst Seehofer arbeitet momentan mit Hochdruck an einem Konjunkturpaket, in dessen Mittelpunkt er selbst steht. Um die bundespolitische Bedeutung der CSU, die unter seinem Vorgänger Erwin Huber rapide geschwunden ist, möglichst rapide wieder aufzubauen, sucht er größtmögliche mediale Präsenz.
Der Koalitionsrunde am Montagabend, bei der über das zweite Konjunkturpaket der Bundesregierung verhandelt wird, hatten CDU und CSU ein Treffen im Kanzleramt am Sonntagabend vorgeschaltet, um sich nach wochenlangem Streit über Steuersenkungen auf eine gemeinsame Linie gegenüber der SPD zu verständigen.
Vor diesem Treffen wiederum hatte Seehofer zwei Interviews gegeben, in denen er seine Forderung nach Steuersenkungen festmauerte. "Ohne eine vorzeigbare Steuerentlastung kann ich mir eine Zustimmung der CSU zu weiteren Konjunkturmaßnahmen nicht vorstellen."
Gleichzeitig mauerte die SPD, die ebenfalls ein Konjunkturpaket für sich selbst benötigt, ihre Ablehnung von Steuersenkungen nicht nur fest. Sie forderte höhere Steuern für Spitzenverdiener. Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sagte im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung": "Es ist sozial gerecht, dass die Starken einen sehr überschaubaren Zusatzbeitrag leisten. Sie haben vom letzten Aufschwung stärker profitiert als andere."
Nach seinen Plänen soll der Spitzensteuersatz von 45 auf 47,5 Prozent für Ledige angehoben werden, die 125.000 Euro im Jahr verdienen, sowie für Verheiratete, die 250.000 Euro im Jahr verdienen. Diese Erhöhung soll auf zwei Jahre befristet werden.
Die SPD verspricht sich davon Mehreinnahmen des Staates von knapp einer Milliarde Euro. Dies sei aber nur ein "Nebenaspekt", sagte Steinmeier, der sein Konzept nach eigenen Angaben an die Unionsspitze weitergereicht hatte.
In der SPD hatten die zuletzt vagen Äußerungen von Kanzlerin Angela Merkel zu Steuersenkungen die Befürchtung genährt, sie könne dem Druck von Seehofer nachgeben. Als "Herzstück" des SPD-Vorschlages benannte Steinmeier ein von Bund und Ländern finanziertes großangelegtes Infrastrukturprogramm zugunsten der Kommunen.
Dafür solle der Bund zehn Milliarden Euro ausgeben. Zur Ankurbelung des Konsums will die SPD die Sozialabgaben senken und Kindergeldempfängern in diesem Jahr einmalig 200 Euro zusätzlich auszahlen. Zudem sollen die Kinder von Langzeitarbeitslosen mehr Unterstützung erhalten. Abwrackprämien sollen der Automobilindustrie helfen.
Wer ein mindestens zehn Jahre altes Auto in diesem Jahr verschrotten lässt und einen umweltfreundlichen Neuwagen kauft, soll nach dem Willen der SPD 2.500 Euro Abwrackprämie erhalten. 2010 sollen es noch 1.000 Euro sein. Darüber hinaus will die SPD die für 2010 geplante Umstellung der Kfz-Steuer auf eine Abgassteuer auf diesen Sommer vorziehen.
Insgesamt soll das SPD-Paket 40 Milliarden Euro umfassen. Bisher hatte die Koalition einen Umfang von rund 25 Milliarden Euro angestrebt. Mit seinem Vorstoß lieferte der Vizekanzler reichlich Gesprächsstoff für die Runde am Montagabend, in der erste Konturen des zweiten Konjunkturpakets umrissen werden sollten, bevor sich die Koalition in einer zweiten Runde in einer Woche festlegt.