Skandale und Affären Wie viel Vorleben darf ein Politiker haben?
Düsseldorf · Irgendwann holt die Vergangenheit jeden ein. Für Politiker können Lügen, Dummheiten und Affären zum Karrierekiller werden.
Kein Mensch ist unfehlbar. Doch besonders für Mandatsträger werden Flecken auf der weißen Weste zur Gefahr für die Laufbahn. In regelmäßigen Abständen ploppen Skandale auf, kommen Straftaten ans Licht, die Politiker einst begangen haben. Doch was dürfen sich Amtsinhaber erlauben? Ob Jahrzehnte zurückliegend oder während der Amtszeit: Die Vergangenheit holt viele wieder ein.
Nach den Silvesterausschreitungen in Leipzig wurde bekannt, dass die Justizministerin Sachsens, Katja Meier (40, Grüne), als Jugendliche in einer Band spielte, die „Advent, Advent, ein Bulle brennt“, sang. Das „Delikt“ liegt über 20 Jahre zurück. Die AfD forderte ihren Rücktritt. Meier selbst distanzierte sich von ihrem 16-jährigen Ich.
Ebenfalls in Sachsen wurde dem CDU-Kreispolitiker Robert Möritz zum Verhängnis, dass er 2011 auf einer Nazi-Demo als Ordner arbeitete und ein Symbol aus Hakenkreuzen tätowiert hat. Er trat aus der CDU aus. Anders ist die Lage bei dem bayrischen Landtagsabgeordneten Jürgen Baumgärtner. Als Jugendlicher war er in der rechtsextremen Szene aktiv. Seit über sechs Jahren sitzt der 46-Jährige für die CSU im Landtag. Seine Vergangenheit hat er nie verheimlicht. Die einen sagen, so jemand könne nicht in einem Amt sein, andere meinen, Menschen hätten eine zweite Chance verdient.
Mit dem Doktortitel geht das Ministeramt verloren
Über entzogene Doktortitel stolperten gleich mehrere Politiker ins Abseits, beziehungsweise ganz ins Aus. Der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat seine Doktorarbeit in großen Teilen abgeschrieben. Auch die ehemalige Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) musste ihren (Doktor-)Hut nehmen. Besonders heftig wurde das gewalttätige Vorlebendes Joschka Fischers (Grüne) in der Gesellschaft debattiert. Mit Mitte 20 hat er Häuser besetzt, Steine geworfen und einen Polizisten verprügelt. Das gab Fischer in einem Interview 2001 zu. Zu der Zeit war er Außenminister.
Von der unbekannten Hinterbänklerin zur prominenten Hochstaplerin: Das beschreibt den Fall der ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Petra Hinz aus Essen. Durch von Mitarbeitern beklagtes Mobbing in der Gegenwart kam nach Jahrzehnten ihre Vergangenheit ans Licht. Abitur, Jurastudium, Anwaltstätigkeit – alles erfunden.
Auf einen Skandal muss jedoch kein automatischer Rücktritt folgen. Auf einige Straftaten aber schon. „Eine Person ist für die Dauer von fünf Jahren nicht wählbar, wenn sie wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird“, teilt das Büro des Bundeswahlleiters mit. „Darüber hinaus gibt es Straftatbestände, bei denen der Richter die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter durch ausdrückliche Entscheidung für die Dauer von zwei bis fünf Jahren aberkennen kann.“ Dazu zählen beispielsweise Hochverrat, Wahlfälschung und Bestechlichkeit.