Zertifikate: Erlaubnis zum Luftverschmutzen
Das EU-Parlament lehnt die Reform des Emissionshandels ab.
Brüssel. Der Brüsseler Plan zur Stabilisierung des Handels mit Rechten auf Luftverschmutzung ist im EU-Parlament gescheitert. Eine Mehrheit aus Christdemokraten, Konservativen und Liberale lehnte den Vorschlag der EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard ab, die Zahl der Erlaubnisscheine („Zertifikate“) für den Ausstoß von CO2 vorübergehend zu verknappen, damit der Preis wieder steigt und sich Investitionen in alternative Energien lohnen.
Das Votum ist eine politische Niederlage für Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), der sich für die Maßnahme starkgemacht hatte. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) vertritt die Gegenposition.
Die Abstimmung im Straßburger Plenum war eine der am härtesten umkämpften Entscheidungen in jüngster Zeit. Sozialdemokraten, Grüne und Linke standen hinter Hedegaards Vorschlag, weil nur so der Preisverfall an der Zertifikate-Börse gestoppt werden könne.
Die meisten Christdemokraten, Konservativen und Liberalen hielten dagegen, die sinkenden Preise seien ein normaler Marktvorgang. Angesichts des Zwists in der Berliner Regierungskoalition taten sich besonders deutsche Parlamentarier aus dem schwarz-gelben Lager mit ihrem Votum schwer. Die Entscheidung war eng: 334 stimmten gegen die Zertifikate-Verknappung („backloading“), 315 dafür.
Wegen der Krise und Ausnahmen für Firmen sind Zertifikate zu günstig
Umweltschutz- und Wohlfahrtsverbände kritisierten den Straßburger Entscheid scharf. Der Zertifikate-Handel gilt als Königsinstrument der europäischen Klimapolitik, funktioniert aber nur, wenn der Preis für die Zertifikate stimmt. Doch sie kosten statt der angepeilten 20 bis 30 Euro pro Tonne CO2 derzeit nur bis zu fünf Euro.
Das hat zwei Gründe: Die Mitgliedstaaten haben großzügig ihren Unternehmen kostenlose Verschmutzungsrechte zugeteilt. Die Wirtschaftskrise verschärft die Zertifikate-Schwemme, weil die Krise auf die Produktion und damit den Energieverbrauch drückt.