Darauf kommt es bei einer Rede an - Ein Experte im Interview

Andreas Buhr ist Präsident der professionellen Vortragsredner und bildet an seiner Akademie aus.

Foto: Judith Michaelis

Herr Buhr, wann wird aus einer Rede eine gute Rede?

Andreas Buhr: Wenn sie die Menschen in der Seele berührt, sie emotional erreicht. Sie muss die Kernbotschaft so transportieren, dass sich für Menschen etwas verändert. Wenn Dinge innerlich passieren, dass die Menschen andere Wege gehen. Was ausprobieren, sich mehr zutrauen. Was anderes zutrauen. Dann ist die Rede erfolgreich.

Wann überzeugt der Redner?

Buhr: Wenn er authentisch ist. Die Authentizität des Redners ist das Wichtigste. Die besitzt er, wenn er zu einem Thema etwas zu sagen hat, wie ein Experte, der mit seinem Thema abends ins Bett geht und wieder wach wird. Die Menschen haben ein gutes Radarsystem dafür, ob da jemand glaubwürdig ist indem was er sagt.

Ist Authentizität alles?

Buhr: Es sollte zudem einen Überraschungsmoment, also ein „Aha“ mit einem „Haha“ geben. Alles was emotional belegt ist, merken wir uns besser, wie zum Beispiel Metaphern, Witze oder auch Ärger.

Kann jeder zu einem guten Redner werden?

Buhr: Jeder kann grundsätzlich ein guter Redner sein. Die Person muss nur bei sich bleiben.

Was meinen Sie damit?

Buhr: Wenn die Person souverän auf der Bühne ist. Viele glauben, wenn sie vor mehr als zwei Zuhörern sprechen, müssen sie es besonders gut machen. Aber dann wird es schwierig, weil es nicht mehr flüssig läuft.

Was ist denn vor großem Publikum wichtig?

Buhr: Dass der Redner Kontakt zu den Menschen aufnimmt. Ein Kollege von mir sagt immer: „Sei ein Flirt mit ganz vielen“. Die Techniken dafür sind erlernbar. Voraussetzung ist, dass der Redner „bei sich“ bleibt, aber auch die Lockerheit ist wichtig.

Lockerheit?

Buhr: Ja genau. So wie andere zum Kühlschrank gehen und gucken ob noch Milch drin ist, sollte man selbstverständlich auf die Bühne gehen. Die Rede soll Spaß machen. Wer Lust hat mit dem Publikum zu spielen, der kann Wirkung zu den Menschen aufbauen.

Was hilft bei der Angst, vor anderen zu sprechen?

Buhr: Wichtig ist zu antizipieren, das heißt zu wissen, dass die Angst morgen da sein wird. Wenn ich weiß, dass sie nicht zu verhindern ist und dass sie kommt, dann hab’ ich auch keine Angst vor der Angst.

Kann die Angst bekämpft werden?

Buhr: Der natürlich Feind der Angst ist die richtige Atmung. Jeder sollte daher bestimmte Rituale haben wie ein Barack Obama, der vor schweren Reden seine zehn Liegestütze macht. Gerhard Schröder hat früher ein kleines Glas Bier getrunken.

Was ist Ihr Ritual?

Buhr: Ich mache vor der Rede immer einen Spaziergang, das entspannt mich. Bei der Rede sind dann die ersten drei Minuten entscheidend. Der gute Kontakt zum Publikum ist wichtig.

Spielt der Inhalt wirklich so eine geringe Rolle, wie oft behauptet wird?

Buhr: Der Inhalt der Rede ist tatsächlich fast zu vernachlässigen.

Das meinen Sie nicht ernst.

Buhr: Doch. Wenn Sie Feedbacks glauben schenken, so schlägt das „Wie“ immer das „Was“. Dabei geht es um die Körpersprache, die Kleidung, die Präsenz auf der Bühne. Aber auch Modulation der Stimme hat einen großen Einfluss.