Goodbye Deutschland: Studium im Ausland lohnt sich
Münster/Berlin (dpa/tmn) - Wer sein ganzes Studium in einem fremden Land durchzieht, hat einen echten Hingucker im Lebenslauf. Nicht unterschätzen sollten junge Menschen aber den Aufwand, den es bedeutet, ein Studium komplett im Ausland zu planen.
Die einen flüchten vor dem Numerus Clausus, die anderen vor den deutschen Studiengebühren, und einige suchen einfach das große Abenteuer. Die offenen Grenzen der Europäischen Union machen das auch immer leichter. Allerdings müssen Studenten vorher genau überlegen, was sie mit ihrem Studium später einmal vorhaben. Denn einige ausländische Abschlüsse sind später in Deutschland fast wertlos.
Bei Medizinern hat ein Vollstudium im Ausland schon eine gewisse Tradition. „In Deutschland braucht man einen sehr guten Einser-Schnitt im Abitur, um überhaupt einen Studienplatz zu bekommen“, sagt Alexandra Michel von der aufs Ausland spezialisierten Studienberatung College Contact in Münster. Bei angehenden Psychologen und Kommunikationswissenschaftlern sei es ähnlich. Im Ausland würden Studienplätze hingegen oft nicht allein nach der Abiturnote vergeben, sondern es gebe Aufnahmeprüfungen.
Ein beliebtes Land bei angehenden Ärzten ist Ungarn. „Dort kann man Medizin sogar auf Deutsch studieren“, sagt Michel. In Tschechien, der Slowakei, Lettland und Polen gebe es Studiengänge auf Englisch. Für Psychologie-Studenten seien zum Beispiel die Niederlande interessant. Entscheidend sei dabei: Solange man innerhalb der Europäischen Union sein Studium abschließt und seine Zulassung als Arzt oder Psychologe bekommt, dürfe man in jedem EU-Land praktizieren - also auch in Deutschland.
Andere Studenten ziehen vor allem finanzielle Gründe ins Ausland. „In Dänemark und anderen skandinavischen Ländern ist das Studium komplett kostenlos“, sagt Michel. Gerade bei Studenten, die in Deutschland nah an der holländischen oder dänischen Grenze leben, sei es verlockend, im Nachbarland zu studieren.
Ein Vollstudium im Ausland wird aber noch aus einem ganz anderen Grund attraktiv: Die eng getakteten Bachelor-Studiengänge ließen Studenten heute oft kaum den Raum, um für ein oder zwei Semester ins Ausland zu gehen, sagt Claudius Habbich vom Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD) in Bonn. In einigen Studiengängen stehe man vor der Entscheidung, ganz oder gar nicht ins Ausland zu gehen.
Unterschätzen dürfe man die Entscheidung zu einem Vollstudium im Ausland allerdings nicht, warnt Malte Eilenstein von der privaten Studienberatung PlanZ in Berlin. Mit einem ausländischen Abschluss nach Deutschland zurückzukommen, sei nicht immer ganz leicht. „Ein Studium im Ausland ist vor allem für Menschen sinnvoll, wenn sie später in diesem Land leben und arbeiten möchten“, findet er.
Und noch etwas sollte sich jeder Student von vornherein klar machen: Während des Studiums zurück an eine deutsche Uni zu wechseln, ist nicht ganz leicht. „Das ist Ermessenssache der deutschen Hochschulen, welche Kurse sie anerkennen und welche nicht“, sagt Michel. Einige Kurse müssten fast immer nachgeholt werden, weil Studienleistungen nicht anerkannt würden. Das kann das Studium in die Länge ziehen. „Deshalb sollte man sich von vornherein sicher sein, dass man auch das gesamte Studium im Ausland studieren will, und dass man das auch finanzieren kann.“
Es gibt also viel zu organisieren, und das braucht Zeit. „Man muss eine ganze Menge Informationen einholen und häufig auch noch Sprachtests absolvieren. Spätestens ein Jahr vor dem Abitur sollte man mit den Planungen anfangen, damit man sich nicht mitten im Abiturstress zum Beispiel noch mit einem Sprachtest rumschlagen muss“, sagt Michel.