Im Ausland Gründen lernen - Erasmus für Jungunternehmer
München/Paris (dpa/tmn) - Erasmus - die meisten denken dabei an wilde Studentenpartys. Was viele nicht wissen: Auch für Jungunternehmer gibt es das europäische Austauschprogramm. Gefördert werden Existenzgründer, die im Ausland von erfahrenen Partnern lernen wollen.
Dimitri Visnadi hat eine Idee: Er will Mütter mit Babysittern und Tagesmüttern zusammenbringen. Online, ohne viele Umwege. Einen Businessplan hat der 24-Jährige Deutsch-Italiener schon während seines Studiums in Rom verfasst. Seit einer Weile hat er seinen Bachelor in den Wirtschaftswissenschaften in der Tasche. Nach dem Abschluss wollte er sich aber nicht gleich selbstständig machen, sondern erst ein paar Monate die Abläufe in einer Firma kennenlernen. Bei seiner Recherche stieß der junge Mann auf ein Unternehmen in Frankreich, das seine Idee bereits in die Tat umgesetzt hat.
Visnadi hat sich dort zum Praktikum beworben und gleich dazu noch für ein EU-Programm, das „Erasmus for Young Entrepreneurs“ heißt. Die Europäische Union fördert damit junge Leute, die sich selbstständig machen wollen oder bereits ein kleines Unternehmen haben. „Die Motivation, ins Ausland zu gehen, ist bei jedem Bewerber eine andere“, sagt Kate Hach, die das Programm für Süddeutschland koordiniert. Die einen wollen einen Markt sondieren, in den sie mit ihrer Firma expandieren möchten. Die anderen haben gerade die Uni abgeschlossen und wollen die Praxis als Unternehmer kennenlernen. Wie alt die Lernwilligen sind, sei egal. Entscheidend ist, dass jemand begründen kann, warum er in einem anderen EU-Land arbeiten will.
Bei Dimitri Visnadi lag die Sache auf der Hand: yoopies.com ist ein Start-up-Unternehmen in Paris, das bereits in mehreren Ländern eine Internet-Plattform betreibt, die Eltern und Betreuer zusammenbringt. Er hat nun für yoopies.com eine Seite für den deutschen Markt entwickelt.
In seinem Fall passten Idee und Partnerbetrieb perfekt zusammen. Eine Recherche im Netz hat den Treffer ergeben. Wer nicht soviel Glück hat, kann aus einem Pool an bereits registrierten teilnehmenden Gastfirmen in ganz Europa wählen. Voraussetzung für die Aufnahme in die Datenbank: „Gastgebende Unternehmer müssen über mindestens drei Jahre Erfahrung als Geschäftsführer eines Unternehmens verfügen“, erklärt Hach. Außerdem sollten sie bereit sein, Einsicht ins Management zu gewähren. Existenzgründer bewerben sich über die Webseite des Programms erasmus-entrepreneurs.eu.
Mehr als 8000 Bewerbungen habe es EU-weit seit dem Start des Programms 2009 gegeben, sagt Arnaldo Abruzzini. Er ist der Generalsekretär von Eurochambers in Brüssel, der Dachorganisation der Industrie- und Handelskammern in Europa. Daraus seien bislang etwa 1600 Austausche mit gut 3200 Teilnehmern in 37 Ländern entstanden.
„Die Bewerbung war ganz unkompliziert“, berichtet Visnadi. „Ich dachte, das würde sich lange hinziehen. Aber es dauerte nur wenige Wochen, bis ich in Paris war.“ Die Austausche sind unterschiedlich lang - von vier Wochen bis zu sechs Monaten.
Visnadi sieht sein halbjähriges Praktikum als Investition in seine Zukunft. Die EU zahlt jedem Teilnehmer für die Dauer des Austausches einen festen monatlichen Betrag. Für Frankreich sind das zum Beispiel 900 Euro - eine Summe, mit der man in Paris nicht den ganzen Monat über die Runden kommt. Die Landessprache des Partnerunternehmens zu beherrschen, ist keine Voraussetzung für Bewerber. „Die Teilnehmer müssen halt einen Modus finden, sich miteinander zu verständigen.“ Bei Visnadi ist das Englisch. Französisch lernt er vor Ort. „Wir strengen uns alle an, damit wir uns verständigen können.“