In Studentenverbindungen warten neben dem Luxus die Pflichten

Mainz (dpa) - Deutsche Studenten kämpfen um den knappen Wohnraum in Uni-Städten. Verbindungen locken vielfach mit luxuriösen Anwesen zum kleinen Preis. Mit den Vorteilen entstehen aber auch Pflichten.

Das Angebot klingt verführerisch: „Die Studentenverbindung Corps Hassia Gießen zu Mainz bietet 200 Jahre Tradition, eine schöne Altbauvilla mit Sommerpool, Grill, Internet sowie Telefonflat und natürlich einem Zimmer für dich!“ Kostenpunkt: gerade einmal 210 Euro im Monat. Unzählige solcher Angebote finden verzweifelte Erstsemester an den schwarzen Brettern der Unis. Doch welche Konsequenzen bringen diese Angebote neben Vorteilen wie günstiger Miete und toller Ausstattung eigentlich mit sich?

Wer einer Verbindung beitritt, bleibt ihr oft ein Leben lang treu. Nach dem Studium tragen die älteren Mitglieder durch ihre Beiträge wesentlich zur Finanzierung der Verbindung bei. Das ermöglicht studentischen Mitgliedern günstige Zimmerpreise und Häuser mit toller Ausstattung. Natürlich könne man aus einer Verbindung auch wieder austreten, sagt der Sprecher des Cartellverbands der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV), Wolfgang Braun. „Das Ideal ist aber, dass man dabeibleibt und seine Erfahrungen an die Jüngeren weitergibt.“

Die Gießener Politikprofessorin Alexandra Kurth, die sich intensiv mit den Verbindungen befasst hat, spricht von einer „hohen psychologischen Hürde“ beim Ausstieg. Schließlich sei zu Beginn ein Eid geleistet worden. „Studentenverbindungen sind aus politikwissenschaftlicher Sicht zunächst einmal Interessenorganisationen.“ Dabei müsse aber strikt zwischen den vielen Verbindungsarten unterschieden werden. Allzu häufig würden ganz unterschiedliche Verbindungen über einen Kamm geschoren.

Vorwürfe wie Nähe zu rechtsextremem Gedankengut träfen vor allem Burschenschaften. Ende Mai diskutierten die Mitglieder der Deutschen Burschenschaft (DB) - dem Dachverband der einzelnen Burschenschaften - einmal mehr über die Einführung eines „Arierparagrafen“. Mitglied könnte demnach nur noch werden, wer „deutscher Abstammung“ ist. Die Bundesregierung hält die DB aber nach wie vor nicht für verfassungsfeindlich. Das erklärte das Innenministerium kürzlich in einem Schreiben an die Linksfraktion im Bundestag.

Wichtiger Unterschied zwischen den Verbindungsarten wie Corps, Landsmannschaften, Burschenschaften oder christlichen Verbindungen: das Fechten. Burschenschaften sind beispielsweise pflichtschlagend, katholische Verbindungen fechten nicht. „Unter der Woche trainieren wir täglich eine Stunde“, sagt Sebastian Noll von der Burschenschaft Germania Halle zu Mainz. Um Vollmitglied zu werden, müssten die Fux genannten Anwärter zwei Fechtkämpfe, die Mensur, erfolgreich absolvieren. Dabei fechten stets zwei Männer aus unterschiedlichen Verbindungen miteinander.

Johannes Diegelmann vom Corps Marchia Brünn zu Triersagt: „Die Mensur ist eine gewisse Mutprobe, die zeigen soll, dass man hinter der Verbindung steht.“ Expertin Kurth bezeichnet das Fechten hingegen als Männlichkeitsritual. Wer dabei nicht aufpasst, trägt einen „Schmiss“ davon, die typische Verletzung vieler Verbindungsmitglieder.

„Das Mensur-Schlagen ist ein Erziehungsmittel, es geht nicht um den sportlichen Wettkampf“, sagt Kurth. Andere Verbindungen sind weniger brachial. „Wir sehen unsere Aufgabe vor allem darin, jungen Menschen mit unserer Erfahrung im Studium zu helfen“, sagt CV-Sprecher Braun. Zudem könne eine Verbindung den neuen Studenten Halt und Orientierung geben.

Diese Geborgenheit steht meist nur Männern offen. Braun, Noll und Diegelmann bezeichnen Frauen unisono als „gern gesehene Gäste“. Mitglied werden können sie nicht. „Das hat nichts mit der Ablehnung von Frauen generell zu tun“, beteuert Diegelmann. Zwar gibt es auch gemischte Verbindungen und reine Damenverbindungen. „Es sind aber nur wenige“, sagt Kurth.

Beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Uni Mainz stößt die Abgrenzung der Verbindungen auf Ablehnung. „Im 21. Jahrhundert ist es mit unseren Werten nicht vereinbar, dass ganze Gruppen ausgeschlossen werden“, erklärt Christian Bohne vom Mainzer AStA. Seine Kritik richtet er vor allem gegen die Burschenschaften. „Sie kommen aus einer anderen Zeit, wir halten sie deshalb für überflüssig.“