Junge Menschen in Deutschland selten erwerbslos
Wiesbaden (dpa) - Das „German Wunder“ auf dem Arbeitsmarkt befriedet auch die Gesellschaft. Junge Deutsche haben im europäischen Vergleich kaum Probleme bei der Jobsuche. Die Perspektive ist anhaltend günstig.
Überall im kriselnden Europa brodelt es bei der Jugend - in Deutschland ist davon bisher wenig zu spüren. Ein wichtiger Grund könnte Experten zufolge die vergleichsweise günstige Situation auf dem Arbeitsmarkt sein. Im Juni waren hierzulande 430 000 Menschen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren erwerbslos, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag (11. August) in Wiesbaden mitteilte. Mit dem daraus errechneten Prozentsatz von 9,1 Prozent liegt Deutschland deutlich unter dem EU-Schnitt von 20,5 Prozent. Bessere Aussichten auf Jobs hatten lediglich junge Menschen in den Niederlanden (7,1 Prozent Erwerbslose) und in Österreich (8,2 Prozent).
Nach den EU-weit erhobenen ILO-Vergleichszahlen waren die Chancen in den Euro-Krisenländern Spanien (45,7 Prozent Erwerbslose) und Griechenland (38,5 Prozent, Wert von März 2011) am schlechtesten. In diesen Staaten hat sich die Situation in Folge der Krise besonders dramatisch verschlechtert, es gab etliche Proteste der jungen Bürger. Auch in Lettland, Litauen und der Slowakei liegen die Erwerbslosenquoten der Jungen bei um die 30 Prozent. In dem aktuell von Unruhen erschütterten Großbritannien registrierten die Statistiker für den April 2011 eine vergleichsweise noch niedrige Jugenderwerbslosenquote von 19,6 Prozent.
Junge Menschen werden von Wirtschaftskrisen schneller getroffen als ihre älteren Kollegen, sagt die Arbeitsmarktexpertin Sabine Klinger vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. „Die Unternehmen reagieren zunächst mit Einstellungsstopps, verlängern befristete Verträge nicht weiter und müssen bei Entlassungen nach sozialen Gesichtspunkten vorgehen.“ Auch in Deutschland sind die Jungen häufiger erwerbslos als die Gesamtheit der Bevölkerung im Alter zwischen 15 und 74 Jahren (Quote: 6,1 Prozent). Sie sind zudem wesentlich häufiger nur befristet angestellt oder gehen unsicheren Mini-Jobs nach.
Auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist wenig bis nichts von Krise zu spüren: Deutschland war der Statistik zufolge gemeinsam mit dem kleinen Luxemburg das einzige Land, in dem die Arbeitsmarktsituation für die Jungen seit der Wirtschaftskrise 2008/2009 günstiger geworden ist. Im April 2008 hatte die Quote in Deutschland noch 10,7 Prozent betragen und in Europa 15,1 Prozent. Während Spanien nach dem Platzen der Immobilienblase in eine Strukturkrise stürzte, erlebt die deutsche Wirtschaft einen weiteren Exportboom.
Nach Klingers Einschätzung schlägt inzwischen auch die eigentlich ungünstige demografische Entwicklung auf den Ausbildungsmarkt durch. „Unter anderem der Geburtenknick in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung hat dazu geführt, dass relativ wenig junge Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen.“ Zudem sei der Arbeitsmarkt sehr gut durch die Krise gekommen. Eine Besonderheit sei das duale Ausbildungssystem. „Es ermöglicht jungen Menschen, früh in den Arbeitsmarkt zu kommen und wichtige Qualifikationen für ihr weiteres Berufsleben zu erwerben.“
Die Aussichten für junge Menschen sind nach IAB-Einschätzung auf dem deutschen Arbeitsmarkt kurz- und mittelfristig sehr gut, wenn sie bereit sind zu Ortswechseln und dem Erwerb hoher Qualifikationen. Die Zahl der potenziellen Bewerber gehe weiter zurück, besonders wenn in einigen Jahren die Babyboomer-Jahrgänge in den Ruhestand gehen.