Nette Formulierungen finden Kollegenzwist: Die Angst vor klärendem Gespräch verlieren
Berlin (dpa/tmn) - Ob schmutziges Geschirr in der Büroküche oder allzu unterschiedliche Arbeitsweisen: Streitpotenzial steckt zur Genüge im Arbeitsalltag mit Kollegen.
„Im schlimmsten Fall können solche Auseinandersetzungen dazu führen, dass sich Kollegen krank melden, nur noch ungern zur Arbeit gehen und depressiv werden“, sagt die freiberufliche Mediatorin Ulrike Demuth.
Sie rät den Streitparteien dazu, immer das Gespräch miteinander zu suchen, um zu vermeiden, dass die Zwistigkeiten außer Kontrolle geraten. Oft wollten die Betroffenen gar nicht darüber reden, da sie es als unangenehm empfinden. „Aber die Scheu vor der direkten Konfrontation muss abgelegt werden“, erklärt Demuth. „Es nützt nichts sich in der U-Bahn drüber zu ärgern oder sich bei Unbeteiligten am Feierabend darüber auszulassen.“
„Zuerst sollten Unstimmigkeiten von den Betroffenen selbst gelöst werden“, betont auch Prof. Dr. Alexander Redlich. Er leitet das weiterbildende Studium „ Konfliktberatung und Mediation“ der Universität Hamburg.
Beim Gespräch zwischen den Kontrahenten gehe es darum, nette Formulierungen zu finden und das Problem in einer leichten Situation anzusprechen. „Wegen einer Kaffeetasse sollte noch kein offizielles Gespräch nötig sein“, sagt Demuth. Wichtig sei es, die Streitursachen zu finden. Sind tatsächlich die halbausgetrunkenen Kaffeetassen das Problem oder entlädt sich ein bereits schwelender Konflikt deshalb?
Der Chef sollte sich nach Auffassung von Redlich einschalten, wenn die Kontrahenten ausdrücklich Hilfe vom ihm anfordern. „Oder wenn für den Chef offensichtlich und beschreibbar die Leistung durch ungelöste Streitigkeiten immer wieder beeinträchtigt wird“, sagt Redlich.
Der Chef sollte beiden Seiten Gehör schenken. Dabei könne er die Konfliktparteien auffordern, gemeinsam eine Lösung mit seiner Hilfe oder probehalber allein zu erarbeiten und ihm vorzulegen. „Erst wenn er nicht weiterkommt, kann er einen Mediator beauftragen, mit den Streitenden eine Lösung zu erarbeiten“, so Redlich.
Profi-Mediatorin Demuth rät dagegen, eher Außenstehende als den Chef zurate zu ziehen, wenn die Fronten verhärtet sind. „Das kann ein Kollege aus einer anderen Abteilung sein, jemand aus dem Betriebsrat oder sogar ein von außen dazu geholter Schlichter.“ Externe müssten nicht wie direkte Kollegen der Streithähne befürchten, persönlich mit in den Konflikt gezogen zu werden. Ist der Chef beteiligt, könne sich eine Partei eher übervorteilt fühlen.