Nicht bequem werden - Die geistige Fitness im Job erhalten

Ulm (dpa/tmn) - Wer rastet, der rostet. Kaum irgendwo gilt das so sehr wie für ältere Menschen im Job. Doch wer ein paar Regeln befolgt, kann mit den Jungspunden locker bis zur Rente mithalten. Und Vorsicht: Mit „älteren Menschen“ meinen Gehirnforscher alle über 17.

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Zu langsam, zu unflexibel, nicht offen für Neues: Ältere Arbeitnehmer haben bei manchen Chefs und Kollegen nicht gerade den besten Ruf. Dabei hat es jeder selbst in der Hand, sich nicht vorzeitig auf das berufliche Abstellgleis schieben zu lassen, sagen Fachleute. Wer sein Gehirn fit hält, die Entwicklung der Branche nicht aus dem Blick verliert und seine Stärken im Job kennt, ist den Jüngeren im Büro bis zum Rentenalter mindestens ebenbürtig.

Eigentlich ist es ernüchternd: Mit der Leistungsfähigkeit des Gehirns geht es spätestens mit dem 18. Geburtstag bergab. Nie wieder werde man so schnell lernen können wie in diesem Alter, sagt Manfred Spitzer, Professor für Psychiatrie an der Universität Ulm. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Das Wissen, das Beschäftigte sich angesammelt haben, bleibt bis ins hohe Alter erhalten.

Das hat Vorteile im Job. Spitzer macht das an einem einfachen Beispiel deutlich: Physiknobelpreisträger sind im Schnitt viel jünger als Friedensnobelpreisträger. „Um in Physik gut zu sein, muss man sehr rasch denken können“, erklärt er. „Um Frieden zwischen verfeindeten Gruppen zu stiften, muss man sehr viel Erfahrung damit haben, wie Menschen funktionieren.“ Für den Berufsalltag bedeutet das: „Ältere Menschen werden die besseren Personalverantwortlichen sein, jüngere eher die besseren Chefs der Technikabteilung für rasant ablaufende neue Entwicklungen.“

Genau auf diese Stärken sollten sich ältere Beschäftigte konzentrieren, rät Jürgen Hesse, Karriereberater aus Berlin. „Bei jungen Menschen schwärmt man immer davon, dass sie mutig sind und spontan, aber sie sind eben auch impulsiver und weniger reflektiert als die Älteren.“ Genau deshalb wüssten Chefs die Qualitäten von älteren Mitarbeitern zu schätzen. „Die können oft besser eine Moderatorenrolle einnehmen, Leute zusammenbringen und aus unterschiedlichen Positionen eine gemeinsame entwickeln.“

Ein großes Problem sehen die Experten darin, dass Menschen jenseits der 50 nur noch selten aus eigenem Antrieb an Fortbildungen teilnehmen. Zu glauben, dass Beschäftigte irgendwann das Thema Weiterbildung schleifen lassen können, sei ein Irrtum, sagt Hesse.

Auch aus Sicht der Intelligenzforschung ist es grundfalsch, sich ganz auf seine Routine und die jahrelange Berufserfahrung zu verlassen. „Das kann jahrzehntelang funktionieren. Aber wenn man dann plötzlich eine neue Maschine bedienen soll, wird das zum Problem“, sagt Karl Josef Klauer, emeritierter Professor für Erziehungswissenschaft von der Universität Aachen. Wenn man jahrelang immer die gleichen Aufgaben erledige, verliert das Gehirn die Fähigkeit, Lösungen für neue Probleme zu entwickeln. Spätestens ab dem 50. Geburtstag beschleunige sich diese Entwicklung rapide.

Dagegen helfe es auch nicht, Gehirnjogging zu betreiben oder Kreuzworträtsel zu lösen. „Entscheidend ist ganz allein das induktive Denken - also Regelmäßigkeiten und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen.“ In Klauers Buch „Denksport für Ältere“ ist zum Beispiel ein Tisch abgebildet, auf dem für ein Menü Teller, Gläser und Besteck eingedeckt sind. Doch an jedem Platz fehlt genau ein Teil, das der Betrachter finden soll. „Solche Übungen, bei denen man Strukturen erkennen muss, sind erwiesenermaßen nachhaltig.“

Doch das allerbeste Gehirntraining sei letztlich das Leben selbst, findet Spitzer. Mit Menschen zu reden, gemeinsam über etwas nachzudenken und aktiv zu sein, halte das Gehirn nachhaltig auf Trab. „Ganz praktisch: Schaffen sie sich einen Enkel an oder leihen sie sich einen aus“, rät der Professor. „Junge Menschen stellen viele Fragen - und das ist die beste Vorbeugung gegen geistigen Abbau.“

Literatur:

Karl J. Klauer: „Denksport für Ältere: Geistig fit bleiben“, Huber Verlag, Bern, 3. Auflage 2012, 152 Seiten, 24,95 Euro, ISBN-13: 978-3456850788

Jürgen Hesse, Hans Christian Schrader: „Zu jung für die Rente, zu alt für den Job?: Warum ältere Arbeitnehmer wieder gute Chancen haben“, Stark Verlagsgesellschaft, 2008, 176 Seiten, ISBN-13: 978-3821859590