Augen auf, Blick nach oben So funktionieren inoffizielle Dresscodes
Berlin (dpa/tmn) - „Komm so, wie du dich wohlfühlst.“ Längst nicht an jedem Arbeitsplatz gibt es einen offiziellen Dresscode. Das mag erstmal nach Entspannung klingen - endlich kein Hemdenbügeln mehr, endlich das unbequeme Kostüm im Schrank lassen.
Doch Vorsicht: Nur weil es keine Vorschriften gibt, ist die Kleidung noch lange nicht egal. „Es gibt immer eine Erwartungshaltung, auch ohne offiziellen Dresscode“, sagt Coach und Stilexperte Jan Schaumann.
Das Problem dabei: Oft sind die ungeschriebenen Regeln nur schwer zu erkennen. Klar: Wenn niemand Jeans oder jeder schwarze Schuhe trägt, fällt das Mitschwimmen nicht so schwer. Oft ist der inoffizielle Dresscode aber keine Ansammlung von klaren Vorschriften und Verboten - sondern eher ein vager Look. Turnschuhe sind dann vielleicht durchaus erlaubt, Blusen oder Hemden mit Kragen aber schon gerne gesehen. Jeans gehen auch, aber vielleicht nicht in bestimmten Farben oder im allergrößten Schlabberlook?
Schaumann rät da: Augen aufmachen - und bei den Chefs anfangen. „Erstmal die Führungskräfte anschauen“, rät Schaumann. „Legen die Wert auf eine bestimmte Art, sich zu kleiden? Danach schaue ich mir erst die Kollegen an, wie die rumlaufen.“ Gibt es große Unterschiede zwischen beiden Gruppen, sollte man sich eher nach oben als nach unten orientieren - und eher an der Masse. Und nicht an dem einen Paradiesvogel, der in Shorts und Flip-Flops allen Regeln trotzt.
Oft gibt es „die Masse“ so allerdings gar nicht. In Agenturen etwa passiert es schnell, dass jeder Job seine eigenen Mini-Dresscode hat. Projektmanager sind dann vielleicht gerne etwas schicker, System-Administratoren etwas entspannter unterwegs. „Und das kann sich auch von Tag zu Tag ändern, wenn ich etwa einen Kundentermin habe“, sagt Schaumann.
Viel Mühe also, die sich aber lohnt. Denn oft sind diese ungeschriebenen Regeln genau so wichtig wie der Dresscode einer Bank. Vor allem lässt sich damit kommunizieren: Zusammengehörigkeit etwa, ein bestimmter Stil oder die Haltung eines Unternehmens - und Status oder Ambitionen des Einzelnen. Das gilt für die Manschettenknöpfe zum Anzug ebenso wie für die teuren Sneaker zum T-Shirt. „Kleidung ist immer Werkzeug“, sagt Schaumann. „Der "Wahnsinnig Kreativ"-Look genau so wie Anzug und Krawatte.“
Ein besonderes Problem ist der inoffizielle Dresscode natürlich am ersten Arbeitstag. Schließlich hat man die meisten Kollegen und ihre Outfits noch gar nicht gesehen. Dann gilt „Eher zu viel als zu wenig“, sagt Stilexperte Schaumann - auch wenn es peinlich werden kann. „Es ist besser, wenn die Kollegen vielleicht schmunzeln, weil ich der Einzige im Anzug bin, als wenn ich der Einzige in Jeans bin.“
Noch wichtiger als die Kleidung an sich ist aber, wie sie aussieht. Der Tipp „keine Freizeitkleidung“ ist zwar überholt, sagt Schaumann. „Die Trennung gibt es so nicht mehr.“ Nach Sofa-Lümmelei daheim sollte die Arbeitskleidung aber trotzdem nicht aussehen - und der Mensch darin auch nicht: „Am wichtigsten ist immer, nicht abgerockt oder ungepflegt aufzutreten.“