Stets erreichbar: Was Chefs verlangen dürfen - und was nicht
Berlin (dpa/tmn) - Es ist schon spät abends, als auf dem Smartphone eine Nachricht vom Chef aufploppt. Lesen oder nicht? Das fragen sich nun viele Angestellte. Rechtlich gesehen ist die Frage klar - die meisten müssen nicht.
Nach Feierabend noch die Mail oder sogar SMS vom Chef beantworten - damit soll nach dem Willen der IG Metall Schluss sein. Gewerkschaftschef Detlef Wetzel fordert von der neuen Koalition strenge Regeln. Die Digitalisierung dürfe nicht dazu führen, dass Arbeitnehmer rund um die Uhr erreichbar sind.
Nach Feierabend berufliche Mails lesen - das machen in der Tat viele Beschäftigte. Doch es geschieht in der Regel freiwillig. Fordert der Arbeitgeber von seinen Mitarbeitern eine permanente Erreichbarkeit ein, ist das rechtlich meist nicht zulässig. Darauf weist Hans-Georg Meier hin, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Entscheidend ist, was dazu im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Haben Arbeitgeber und -nehmer etwa eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden ausgemacht, müssen Beschäftigte nur dann berufliche E-Mails lesen. Etwas anderes gilt, wenn ausdrücklich Bereitschaftszeiten festgelegt wurden, in denen der Arbeitnehmer erreichbar sein muss.
Doch auch wenn Bereitschaftszeiten vereinbart sind: Rund um die Uhr müssen Beschäftigte trotzdem nicht zur Verfügung stehen. Es gibt Höchstarbeitszeiten laut dem Arbeitszeitgesetz, die nicht überschritten werden dürfen, erklärt Meier. Inklusive Bereitschaftszeiten dürfen Beschäftigte maximal 48 Stunden pro Woche im Einsatz sein - wobei in stressigen Phasen bis zu 60 Stunden die Woche erlaubt sind. Dann ist es aber wichtig, dass es in sechs Monaten im Schnitt nicht mehr als 48 Stunden pro Woche werden.
Während bei den meisten Arbeitnehmern die rechtliche Lage eindeutig ist, können für leitende Angestellte Sonderregeln gelten. Auch hier lohnt sich ein Blick in den Arbeitsvertrag: Fehlt bei ihnen eine Regelung zur Wochenarbeitszeit, darf der Chef eine permanente Erreichbarkeit unter Umständen verlangen, erklärt Meier.
Der Grund dafür ist, dass leitende Angestellte nicht unter den Schutz des Arbeitszeitgesetzes fallen (Paragraf 18 Arbeitszeitgesetz). Zu den leitenden Angestellten gehören laut Gesetz Beschäftigte, die Personal einstellen und entlassen können, die eine Generalvollmacht haben oder regelmäßig Aufgaben übernehmen, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung sind.