Traumjob Pilot: Einsatz im Rettungshubschrauber
Rendsburg (dpa) - Der erste Einsatz der Tagschicht beginnt an diesem Montag kurz nach Dienstbeginn. Die Besatzung des Rettungshubschraubers „Christoph 42“ wird nach Bordesholm gerufen. Der vermeintliche Rettungseinsatz entpuppt sich allerdings als Fehlalarm.
Doch anstatt zurück zur Station der DRF-Luftrettung nach Rendsburg zu fliegen, wird die Crew von der Leitstelle nach Plön zu einem schweren Verkehrsunfall umgeleitet. Rund zwei Stunden später kommt DRF-Hubschrauberpilot Sebastian Hilliger in den Aufenthaltsraum der Station. Er holt sich erst einmal einen Kaffee. Der diensthabende Notarzt und der Notfallsanitäter setzen sich an den vorbereiteten Frühstückstisch, bevor sie sich in die Ruheräume zurückziehen, um ausgeruht für den nächsten Einsatz zu sein.
Hilliger wollte schon immer Pilot werden. Mit etwa 14 oder 15 Jahren habe er ein Berufsinformationszentrum besucht. „Der einzige Vorschlag, der kam, war Pilot bei der Lufthansa“, erinnert sich der 38-Jährige. Die Ausbildungskosten hätten damals rund 250 000 DM (etwa 128 000 Euro) betragen. „Da waren meine Eltern irgendwie nicht so begeistert.“ Hilliger ging stattdessen zur Marine nach Kiel, wurde dort Hubschrauberpilot. 15 Jahre war er dort. „Ich hab das sehr gerne gemacht.“ Dann ist der Kieler zur DRF gegangen, seit 2012 ist er in Rendsburg stationiert.
31 Stationen betreibt die DRF Luftrettung in Deutschland und Österreich; zwei davon in Schleswig-Holstein; in Rendsburg und in Niebüll. Zusammen starteten die beiden Helikopter nach DRF-Angaben von Januar bis Juni zu 1312 Rettungseinsätzen. Die Rendsburger Besatzungen flogen davon 768. Die höhere Einsatzzahl hängt auch damit zusammen, dass „Christoph 42“ auch nachts einsatzbereit ist.
Das Besondere am Beruf des Rettungshubschrauberpiloten? „Man macht zwar schon auf der einen Seite jeden Tag das Gleiche“, sagt Hilliger. „Aber auf der anderen Seite ist es sehr anspruchsvoll, weil wir nie wissen, wo wir landen, was uns erwartet, welchen Landeplatz wir auswählen.“ Das Einsatzspektrum der Luftretter ist vielfältig: Es reicht von einer unterzuckerten Altenheimbewohnerin bis hin zum schweren Verkehrsunfall. „Wenn ein Notarzt von Nöten ist und wir das schnellste Rettungsmittel sind, dann kommen wir.“
10:15 Uhr. Der Pieper von Hilliger meldet sich erneut. Ein Einsatz. Er stellt die Kaffeetasse auf den Tisch und geht zum Landeplatz auf dem Dach der Station. Er muss der erste sein, die Maschine anlassen. „Das nimmt am meisten Zeit in Anspruch.“ Kurze Zeit später erscheinen Notfallassistent und Notarzt. Drei Minuten später ist der „Christoph 42“ in der Luft.
In Hamdorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde) gibt es einen Verdacht auf Herzinfarkt in einer Arztpraxis. Der Patient wird mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht, die Hubschrauberbesatzung fliegt zurück zur DRF-Station neben dem Rendsburger Krankenhaus. Natürlich werden auch Patienten mit dem Hubschrauber abtransportiert, aber oft ist er ein „Notarztverbringungsmittel“, wie Hilliger es nennt.
Am Einsatzort selbst passt der Pilot in der Regel auf den rot-weiß lackierten Hubschrauber auf, während Arzt und Sanitäter sich um die Patienten kümmern. Manchmal gehe er hinterher und frage, ob er was holen soll oder wird angerufen, etwas zu bringen, sagt Hilliger. „Da mach ich so ein bisschen Botengänge. Aber kein Pilot muss das machen.“ Er könne auch einfach im Hubschrauber bleiben, je nach Situation und mentaler Belastbarkeit.
Zwölf Stunden dauert eine Schicht der DRF-Piloten. Tagsüber ist ein Pilot im Einsatz, nach Einbruch der Dunkelheit kommt aus Sicherheitsgründen ein zweiter mit an Bord. In manchen Schichten muss die Crew gar nicht raus, an anderen Tagen sind sie quasi im Dauereinsatz: „Vor kurzem hatten wir eine Woche mit zwischen neun und zwölf Einsätzen pro Tag“, sagt der Pilot.
Im Sommer ist der Helikopter häufiger im Einsatz, dies liegt unter anderem an den besseren Wetterbedingungen. Ideal sind Temperaturen um 20 Grad und etwas Wind. Bei zu starkem Wind wird das Ein- und Auskoppeln der Rotorblätter problematisch. Zudem sei es beispielsweise bei Herbststürmen mit Orkanböen fragwürdig, ob man da überhaupt noch Patienten transportieren kann, findet Hilliger. „Das ist auch kein Geschenk mehr da oben im Hubschrauber.“ Auch für routinierte und erfahrene Leute nicht.