Wie Geschäftsleute ihre Flugangst besiegen
München (dpa/tmn) - Wer unter Flugangst leidet, Fliegen aber aus beruflichen Gründen nicht vermeiden kann, hat ein ernsthaftes Problem. Hilfe können spezielle Seminare bringen, bei denen sich lernen lässt, die Angst vor dem Fliegen zu beherrschen.
Als Kind ist Veit Hemmeter häufiger geflogen, es hat ihm nie etwas ausgemacht. Alles ging gut bis zum Jahr 2005, als Hemmeter von Berlin nach Estland zum Segeln fliegen will. Kurz nachdem die Maschine die maximale Flughöhe erreicht hat, schalten sich die Triebwerke aus und das Flugzeug geht in einen steilen Sinkflug. Nicht einmal die Stewardessen wissen, was passiert.
Hemmeter und die anderen Passagiere sind in diesem Augenblick überzeugt: Jetzt stürzen wir ab. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass im unteren Bereich des Flugzeugs ein Teil abgerissen war, was dazu führte, dass der Druckausgleich in der Kabine nicht mehr funktionierte. Da der Pilot dies rechtzeitig bemerkte und sofort reagierte, konnte er die Maschine in Berlin notlanden, die Landung verlief glimpflich. Doch das Erlebnis hinterlässt seine Spuren. Sieben Jahre lang steigt Hemmeter in kein Flugzeug mehr.
Vor kurzem hat Hemmeter sein Studium der Betriebswirtschaftslehre abgeschlossen und seine eigene Firma gegründet. Hatte der 25-Jährige in den letzten Jahren Urlaubsziele gemieden, die nicht mit dem Auto zu erreichen sind, wird er in Zukunft aus beruflichen Gründen viel fliegen müssen. Um seine Flugangst in den Griff zu bekommen, besuchte er im März 2012 ein Seminar zur Flugangstbewältigung.
Solche Seminare gibt es viele: Hemmeter war bei der Münchner Agentur Texter-Millott, die mit der Lufthansa zusammenarbeitet. Daneben gibt es aber auch eine Reihe anderer Angebote: Dazu zählen Coaching-Agenturen wie zum Beispiel Flugangst Service, Skycair oder Flugangst-Coaching, die solche Seminare in Kooperation mit Fluggesellschaften wie Air Berlin, Condor und Germanwings anbieten.
Wer Flugangst hat, sollte sich zunächst einmal damit auseinandersetzen, was das Gefühl Angst eigentlich genau ist. „Es ist hilfreich, ein Verständnis für die eigene Angst zu entwickeln, um sie bewältigen zu können“, sagt Diplom-Psychologin Inga Schlattmann. Nicht immer ist es die eigentliche Situation, sprich das Fliegen, wovor sich die Betroffenen fürchten. Häufig sind es die Symptome der Angst wie Schwindel, Herzrasen und Schweißausbrüche, die als bedrohlich empfunden werden. Für Betroffene ist es wichtig zu lernen, dass die Angst selbst zwar etwas Unangenehmes ist, aber nicht gefährlich.
Als Vorbereitung zeigt die Seminarleiterin den Teilnehmern Lockerungsübungen und Entspannungstechniken, die sie vor und während eines Fluges anwenden können. Eine davon ist der sogenannte Muskelpanzer, eine Form der progressiven Muskelentspannung. Dabei werden verschiedene Muskelpartien kurzzeitig angespannt. Durch den starken Kontrast wird die daraufhin eintretende Entspannung viel intensiver wahrgenommen.
Vielen Betroffenen hilft es, sich mit der Bauweise eines Flugzeugs auseinanderzusetzen. In Büchern, Internetportalen und Seminaren zum Thema Flugangst wird erläutert, warum ein Flugzeug überhaupt fliegt, wie die Ausbildung eines Piloten aussieht und wie ein Flugzeug ausgestattet ist. So sind zum Beispiel alle wichtigen Instrumente an Bord zwei- bis dreimal vorhanden.