Wie werde ich...? Drachenbauer
Husum (dpa/tmn) - Im Herbst sind sie wieder am Himmel zu sehen: Drachen. Vor Jahren wurde Drachenbau einmal an der Uni gelehrt. Heute gibt es jedoch keine Ausbildung mehr. Einige Firmen sind aber immer noch auf Drachenbau spezialisiert - und bieten Jobs.
Für die einen sind alle Drachen nur bunte Punkte am Herbsthimmel. Doch Experten unterscheiden Ein-, Zwei- und Vierleiner und erkennen Lenk-, Trick- und Speeddrachen an ihrem Flug. Drachen sind viel mehr als nur ein Spielzeug für Kinder im Herbst. Entlang der Küsten hat sich eine Drachenszene etabliert. Auch für sie produziert die Handvoll Firmen, die in Deutschland auf Drachenbau spezialisiert ist. Vom Drachendesigner über den -produzenten bis zum Verkäufer im Drachengeschäft reicht die Palette der Jobs.
Rainer Hoffmann hat den Außenseiter entworfen, ein Windspiel, das im Technischen Museum in Berlin steht. Er hat sich den Drachen Bowkite ausgedacht, der so erfolgreich ist, dass die Drachenbaufirma Invento ihn seit mehreren Jahren im Katalog hat. Und er ist der Erfinder eines Drachens in Form eines Dinosauriers, der mit seinen sieben Metern Spannweite der Publikumsliebling jedes Drachenfestivals ist.
Hoffmann, 49 Jahre alt, ist eigentlich Angestellter im öffentlichen Dienst in Husum. Rund 300 Drachen hat er bis heute schätzungsweise entworfen - rund 20 davon gingen in die Serienproduktion.
Heute versucht er, jedes Jahr einen neuen Drachen zu entwerfen. Nebenbei gibt er Workshops, zum Beispiel in Schulen. „Am Anfang schießt mir eine Idee durch den Kopf“, erzählt er. Das kann zum Beispiel ein Bericht im Magazin „Spiegel“ über Dinosaurier sein. „Dann überlege ich mir, welche Farben passen zu dem Modell?“ Geht ein Entwurf in die Serienproduktion, bekommt er für jeden Drachen einen festen Prozentsatz vom Verkaufspreis.
Elliot, Wolkenstürmer, Colours in Motion und Invento: Wer sich wirklich für einen Job im Drachenbau interessiert, sollte sich an eines dieser Unternehmen wenden. Sie zählen zu den größeren Firmen in Deutschland, die Drachen noch selbst entwickeln und produzieren. Rainer Kuhlmann ist bei Invento, einem Spielzeuggroßhandel mit mehr als 30 Mitarbeitern. Dort ist er zuständig für die Produktentwicklung von Kinderdrachen, Einleinern und Werbedrachen.
Im Herbst sichtet er die Entwürfe von Designern wie Hoffmann und überlegt mit seinen Kollegen, welche Drachen im nächsten Jahr in Deutschland auf den Markt kommen sollen. Ist die Entscheidung gefallen, setzt er sich selbst in der Werkstatt an die Nähmaschine und baut ein Muster. Möglicherweise werden kleine Änderungen vorgenommen - dann geht das Ganze in die Produktion.
Wer das Hobby zum Beruf machen und ins Drachengeschäft einsteigen will, hat es nicht leicht. Eine spezielle Ausbildung im Drachenbau gibt es nicht. Früher gab es an der Technischen Universität Berlin einmal einen Lehrstuhl Drachenbau. Doch heute ist das Handwerk aus der Mode gekommen. Kuhlmann empfiehlt deshalb, eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann zu machen. Eine Alternative sei auch, ein Handwerk zu lernen. Das kann zum Beispiel eine Ausbildung zum Segelmacher sein.
Und natürlich ist eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann sinnvoll, erzählt Michael Steltzer. Er ist der Inhaber von Flying Colors, dem ältesten Drachenladen Berlins. Die Auszubildenden beraten zum Beispiel Kunden und erklären die Unterschiede zwischen den verschiedenen Drachen. Doch bei den Drachenläden hat sich einiges verändert: „Mitte der 90er Jahre gab es einen richtigen Boom mit den Drachen“, erinnert sich Kuhlmann. Doch die Zeiten sind vorbei. Nun sind Kiteschirme im Trend.