Wie werde ich...? Ergotherapeut
Karlsbad (dpa/tmn) - Basteltanten oder -onkel: So geht das Klischee über Ergotherapeuten. Arbeiten die Fachkräfte mit Kindern, gehört Spielen tatsächlich zur Therapie. Aber zu den Fachkräften kommen auch Schlaganfallpatienten und psychisch Kranke.
In die Praxis des Ergotherapeuten Thomas Vogel kommen Menschen jeden Alters: Da sind Kinder mit Entwicklungs- oder Lernstörungen und Senioren, die einen Schlaganfall hatten. Da sind Menschen, die an Parkinson, Demenz oder Multipler Sklerose leiden. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie Schwierigkeiten haben, ihren Alltag zu meistern. Damit sie trotz ihrer Krankheit die täglichen Abläufe in den Griff bekommen, gibt es Ergotherapeuten.
Rund 40 000 Fachkräfte gibt es in Deutschland. Die meisten arbeiten in Ergotherapie-Praxen, sagt Christine Donner, Geschäftsführerin des Bundesverbandes für Ergotherapeuten. Doch auch in Pflegeheimen, Krankenhäusern und Wohnheimen für Menschen mit Behinderung finden sie eine Anstellung. In ihrem Arbeitsalltag sind sie mit den unterschiedlichsten Problemen konfrontiert: Sie therapieren Kinder, die Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren - oder schulen deren Feinmotorik. Mit Schlaganfallpatienten trainieren sie Bewegungsabläufe. Mit Menschen mit Behinderung üben sie, sich im Straßenverkehr zu orientieren oder ihren Tag zu strukturieren.
Im Kern geht es in dem Heilberuf darum, Patienten fit für den Alltag zu machen. Sie sollen tägliche Abläufe in den Griff bekommen - und eventuell sogar wieder ins Arbeitsleben einsteigen. Ohne Einfühlungsvermögen und Kommunikationstalent geht es in dem Beruf nicht. Denn Ergotherapeuten arbeiten den ganzen Tag mit Menschen. Auch Körperkontakt dürfen angehende Ergotherapeuten nicht scheuen: Denn muss etwa ein Patient beim Bewegungstraining unterstützt werden, gilt es auch einmal Hand anzulegen.
Früher waren Ergotherapeuten oft als Basteltanten und -onkel verschrien, sagt Donner. Denn ein Schwerpunkt ihrer Arbeit war und ist die Arbeit mit Kindern - und die werden am besten spielerisch therapiert. „Deswegen hieß es dann oft: Die wollen nur spielen.“ Denn bei der Arbeit kommt schon einmal ein „Mensch ärgere Dich nicht“-Spiel zum Einsatz. Doch natürlich gehört zu ihrer Arbeit viel mehr.
Die Berufschancen sind für Absolventen derzeit gut, sagt Arnd Longrée, Vorsitzender des Deutschen Verbandes der Ergotherapeuten (DVE). Gesucht würden aber vor allem männliche Therapeuten. Denn diese sind derzeit stark unterrepräsentiert. Nur jeder fünfte Therapeut ist männlich, schätzt Longrée.
Doch junge Männer für den Beruf zu begeistern, scheint schwierig. „Der Beruf wird immer noch als Frauendomäne wahrgenommen. Die Karriereleiter ist kurz“, sagt Donner.
Um Ergotherapeut zu werden, müssen junge Menschen drei Jahre lang eine Berufsfachschule besuchen. Etwa 180 Schulen bilden bundesweit aus. „Bedauerlicherweise nehmen fast alle Ausbildungseinrichtungen Schulgeld“, sagt Longrée. Das kann bei mehreren hundert Euro im Monat liegen.
In zwei Jahren von der dreijährigen Ausbildung steht der theoretische Unterricht im Vordergrund. Gelehrt werden unter anderem Biologie, Anatomie, Physiologie, Gesundheitslehre, Hygiene oder Arzneimittellehre. Ein weiteres Jahr machen die angehenden Ergotherapeuten Praktika.
Mittlerweile geht auch in der Ergotherapie der Trend durchaus zum Studium. „In den anderen europäischen Ländern ist ein Studium bereits unverzichtbar“, sagt Longrée.
Mehrere Hochschulen bieten inzwischen schon Bachelor- und Master-Studiengänge an - die staatliche Hochschule für Gesundheit in Bochum und die Dresden International University etwa. In Bad Sooden-Allendorf gibt es die Fachhochschule Nordhessen und in Gera die SRH Fachhochschule für Gesundheit, an denen man studieren kann. Dazu haben etwa die Fresenius Hochschulen, die Fachhochschulen in Hildesheim und Osnabrück, die Hochschule Alice Salomon in Berlin und die MSH Medical School in Hamburg Studienangebote.
Der Verdienst von Ergotherapeuten orientiert sich laut dem Deutschen Verband der Ergotherapeuten am Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst. Das Monatseinkommen für Berufsanfänger liegt danach im Schnitt bei 2035 Euro brutto im Monat.
Thomas Vogel ist mit seiner Berufswahl auf jeden Fall zufrieden. Er gilt inzwischen als Spezialist für Handtherapien und unterrichtet an einer Berufsfachschule. „Wenn ich Menschen nach einer Krisensituation auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit begleiten kann, empfinde ich große Befriedigung“, sagt er.