Abschreiben an der Uni hat verschiedene Härtegrade

Bonn (dpa/tmn) - Merkt doch eh keiner - so werden sich das viele Studenten denken, die für eine Hausarbeit ein paar Zeilen kopieren, ohne die Quelle anzugeben. Das dürften sie sich inzwischen zweimal überlegen - aus gutem Grund.

Universitäten unterscheiden in der Regel zwischen einfachem Abschreiben und echtem Betrug. In einer für einen Schein relevanten Hausarbeit Passagen als eigene auszugeben, die in Wahrheit von jemand anderem stammen, lasse Studenten durchfallen, erklärt Prof. Wolfgang Löwer von der Universität Bonn. Aber sie fliegen nicht sofort von der Uni. Auch mit einer Anzeige wegen Betrugs müssten sie nicht rechnen, beruhigt der Wissenschaftler. Er leitet die Geschäftsstelle „Ombudsman für die Wissenschaft“ an der Universität.

Mit einfachem Abschreiben meint Löwer schülerhaftes Täuschungsverhalten: „Der übliche Fall des Abschreibens sozusagen, diese Dinge, die man aus der Schule kennt“. Die Gesetzeslage erlaube dagegen deutlich weitergehende Sanktionen, erhebliche Zahlungen bei einer entsprechenden Ordnungswidrigkeit, sagt Löwer.

Wo ist Schluss mit der Nachsicht? „Bei krimineller Energie halten wir natürlich nicht still“, sagt Löwer. Er erinnert sich an einen Fall, in dem ein Student die bemängelten Stellen in seiner Arbeit einfach korrigierte und die Randnotizen des Prüfers daneben sauber wieder hineinkopierte. Damit standen die Fehleranmerkungen des Professors neben einer inhaltlich einwandfreien Arbeit - und der Absolvent beschwerte sich auf den ersten Blick zurecht. „Da denken wir dann schon daran, das an die Staatsanwaltschaft abzugeben.“

Auch wenn Geld fließt, kann die Uni kein Auge zudrücken. Bezahlt ein Student einen anderen, damit der seine Examensarbeit verfasst, lege die Uni den Fall ebenfalls dem Staatsanwalt vor. „Das hat einen höheren Unrechtsgehalt, als wenn einer sich von jemandem die Hausarbeit ausborgt, die abschreibt und dann als eigene einreicht.“

Die Chancen, mit Betrügereien durchzukommen, sind wegen der prominenten Plagiatsverfahren der vergangenen Jahre gesunken. Die Professoren sind wachsamer geworden. „Die Regel, dass die Arbeiten digital vorzulegen sind, ist ja Frucht des Guttenberg-Verfahrens“, sagt Löwer. Digitale Arbeiten können dadurch viel leichter verglichen und so Dopplungen aufgedeckt werden.

Die Uni Düsseldorf entzog Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) am Dienstag (5. Februar) wegen „vorsätzlicher Täuschung“ in ihrer Promotionsarbeit den vor 33 Jahren erworbenen Doktortitel. Dass ein Absolvent nach mehr als 30 Jahren noch fürchten muss, seinen ersten Studienabschluss aberkannt zu bekommen, ist allerdings unwahrscheinlich: An vielen Universitäten verjährt die Anfechtbarkeit nach fünf Jahren. „Egal, was Sie getan haben, nach fünf Jahren ist das Examenszeugnis nicht mehr angreifbar, die Akten werden übrigens auch vernichtet“, erklärt Löwer. Bei Promotionen ist das meist anders: Ihre Anfechtbarkeit verjährt laut vielen Prüfungsordnungen gar nicht.