Wie werde ich...? Koch

München (dpa/tmn) - Unbequeme Arbeitszeiten, Überstunden und ein rauer Umgangston: Der Beruf des Kochs hat seine Schattenseiten. Trotzdem sagen viele Praktiker, dass sie sich keinen schöneren Job vorstellen können.

Schließlich ist jeder leer gegessene Teller ein Lob.

Sebastian ist 18 Jahre alt, und er kocht morgens, mittags oder abends, fünf Tage die Woche, seit August 2012. Seitdem macht er seine Ausbildung zum Koch in einem Restaurant in München. Auf der Speisekarte stehen Gerichte wie Kalbsleber mit geschmorten Aprikosen und Ochsenbouillon. Drei Jahre dauert die Ausbildung, die kalte Vorspeisenküche hat Sebastian schon hinter sich, ebenso die Patisserie, zurzeit arbeitet er in der warmen Küche. Im nächsten Jahr wartet die Königsdisziplin — dann lernt er beim Saucier. In der achten Klasse hat Sebastian sein erstes Praktikum in einer Küche gemacht. „Danach gab es nichts anderes mehr für mich“, sagt er.

Es ist ein alter Beruf, der durch junge Fernsehköche wie Jamie Oliver oder Tim Mälzer in der Öffentlichkeit noch populärer geworden ist. Traditionell zählt er zu den beliebtesten Berufen. Ebenso ist er traditionell aber auch weit vorne zu finden, wenn es um die Ausbildungsabbrüche geht: Im Jahr 2011 lag die Vertragslösequote nach Angaben des Bundesinstituts für Berufsbildung bei 49,4 Prozent. Unbequeme Arbeitszeiten, Überstunden, dazu vielleicht noch der berüchtigte raue Umgangston in der Küche - das dürften einige der Gründe dafür sein. Zwar gehen manche Abbrecher nur in einen anderen Betrieb oder ziehen um. Doch es ist die vierthöchste Vertragslösequote aller Ausbildungsberufe.

Dabei bezeichnen viele Köche ihn als den schönsten Beruf der Welt: Wer Koch wird, liebt Lebensmittel, hat viel mit Menschen zu tun, genießt gerne, kann anderen schnell eine Freude machen, ist kreativ. Und bekommt immer wieder Lob für seine Arbeit. Jeder leer gegessene Teller ist eine Bestätigung. Die Jobaussichten sind gut. Köche werden gesucht, auf einen Ausbildungsplatz kommen wegen des demografischen Wandels immer weniger Bewerber. Trotzdem sind die Plätze in den richtig guten Häusern noch immer schwer zu ergattern, und obwohl im Allgemeinen ein Hauptschulabschluss reicht, stellen manche lieber Abiturienten ein.

Andreas Rohde ist Vizepräsident des Verbands der Köche und für die Aus- und Weiterbildung zuständig. „Einem Koch steht die ganze Welt offen“, erzählt er. „Viele gehen ins Ausland.“ Und manche seien zum Beispiel auch Hoteldirektoren geworden. Handwerklich begabt sollte ein Bewerber sein, ein bisschen rechnen können und fürs Anrichten auch eine künstlerische Ader haben. „Und er muss wissen, dass er arbeitet, wenn andere freihaben“, sagt Rohde. Problematisch werde es, wenn junge Leute mit falschen Vorstellungen in die Ausbildung gingen. „Jeder Fernsehkoch hat einmal klein angefangen. Aber dass man zu Beginn eben auch mal Kartoffeln schälen muss, das wird im Fernsehen nicht gezeigt.“

Hygiene gehört ebenso zum Lehrplan wie Lebensmitteltheorie. Aus was bestehen Eier? Wie viele Kohlenhydrate, Ballaststoffe, welche Vitamine enthält ein Lebensmittel? Die Theorie lernen die Auszubildenden in der Berufsschule, die Praxis im Betrieb. Genau hier aber gibt es große Unterschiede.

„Die Spannbreite der Betriebe reicht von Fünf-Sterne-Restaurants bis zu Schnitzelbuden“, sagt Christoph Schink von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. „Manche haben da gar nicht die Kapazitäten, um wirklich anzulernen.“ Die Vergütung im ersten Lehrjahr liegt in den alten Bundesländern bei durchschnittlich 557 Euro pro Monat, in den neuen nur bei 423. Im dritten Lehrjahr sind es 150 bis 200 Euro mehr. Nach der Ausbildung liegt die tarifliche Bruttogrundvergütung nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit bei 1982 Euro.

Oft würden die Arbeitszeiten überschritten, berichtet Schink. Der Deutsche Gewerkschaftsbund befragt für seinen jährlichen Ausbildungsreport Auszubildende der 25 wichtigsten Berufe dazu, wie zufrieden sie mit ihrer Ausbildung sind. 2012 lag der Koch hier an sechstletzter Stelle. Bewerbern rät Schink deshalb, sich genau über den Betrieb ihrer Wahl zu informieren. Manche Häuser bieten Schnuppertage an, an denen Jugendliche den Arbeitsplatz schon vorab kennenlernen können.

Sebastian hat noch nie ans Abbrechen gedacht. Er war sich der Arbeitsbedingungen bewusst, und hat einen guten Betrieb erwischt. Was ihm besonders gefällt, ist der Umgang mit Lebensmitteln und der Zusammenhalt im Team. „Als Einzelkämpfer überlebt man in der Küche nicht“, erzählt er. „Wenn alle gegeneinander arbeiten, gehen auch alle zusammen unter.“ Er hat sich daran gewöhnt, abends und am Wochenende zu arbeiten. „Es ist mein Traumjob, die Arbeit macht Spaß. Da stehe ich gern in der Küche, während andere feiern.“