Wie werde ich...? Schuhmacher/in

Berlin (dpa/tmn) - Schuhmacher stellen Schuhe her und reparieren sie. Die Sohle des Damenschuhs wird oft geklebt, die des Herrenschuhs genäht. Warum, das weiß Tabea Terrino. In drei Jahren lernt die Auszubildende auch, einen Schuh nach Kundenwunsch anzufertigen.

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„Es ist ziemlich cool, für sich selbst Schuhe zu machen“, sagt Tabea Terrino. Die 22-jährige Schweizerin macht im dritten Lehrjahr eine Ausbildung zur Schuhmacherin. Mit ihr haben laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) 2012 bundesweit 33 Jugendliche die Lehre begonnen. Ihr erstes Paar Schuhe fertigte Terrino für eine Projektarbeit in der Schule an. Das gefiel ihr so gut, dass sie ihren Plan, ein Studium zu beginnen, auf Eis legte.

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Bei der Schuhmacherei Kirstin Hennemann in Berlin lernt sie nun, Damen- und Herrenschuhe zu machen. Terrino gefallen die vielseitigen Aufgaben - vom Leisten- und Bodenbau über das Zwicken, wenn das Oberleder über die Leisten gezogen wird, das Entwerfen von Schnitten und das Beziehen von Absätzen bis zum Nähen des Schuhschaftes.

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Je nach Betrieb macht das Herstellen neuer Schuhe oder die Reparatur alter den Großteil der Arbeit aus. In den vergangenen Jahren ist die Fertigung von Maßschuhen wie Derby oder Pumps immer beliebter geworden. Diese wenigen Schuhmacher, zu denen außer Terrinos Lehrbetrieb zum Beispiel Theater-Schuhmacher gehören, üben das Handwerk im klassischen Sinne aus - wie zu der Zeit, als es noch keine Konfektionsschuhe aus der Serienfertigung gab.

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Die meisten Schuhmacher arbeiten aber in Reparaturwerkstätten. Dort erneuern sie Schuhe, richten schiefe Absätze, arbeiten für eine bequeme Passform Fußstützen oder Verstärkungen ein, beraten Kunden und verkaufen Schuhe. Außerdem reparieren sie Ledertaschen, -jacken und -gürtel und tauschen Reißverschlüsse aus.

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In der Ausbildung in einem kleineren Betrieb hätten Lehrlinge viel Kundenkontakt, sagt Peter Schulz vom Zentralverband des Deutschen Schuhmacher-Handwerks (ZDS) in Sankt Augustin. Bei der Kundenberatung geht es zum Beispiel um die richtige Schuhpflege, -lagerung und fußgerechte Schuhe. Fast immer arbeitet Terrino am Samstag und hat am Montag frei. Die wöchentliche Arbeitszeit für angestellte Schuhmacher beträgt 39 Stunden. Das Handwerk ist aber nicht tarifgebunden.

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„Der Meister zahlt so viel er will“, sagt Frieder Weißenborn von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) in Hannover. Je nach Region und Branche beträgt die Vergütung nach Angaben der Bundesarbeitsagentur rund 12,90 Euro in der Stunde. Im ersten Ausbildungsjahr hat Terrino etwa 320 Euro, im zweiten 350 Euro und im dritten Lehrjahr 410 Euro im Monat verdient.

Herren müssen für den individuellen Schuh oft tiefer in die Tasche greifen als Damen: Ein Damenschuh kostet ab 1600 Euro, ein Herrenschuh ab 1900 Euro. Im Unterschied zum Damenschuh werde die Sohle des Herrenschuhs nicht geklebt, sondern genäht, damit sie beim höheren Körpergewicht stabil ist, erklärt Terrino. Hinzu kommen einmalig 500 Euro für den Leistenbau, das Fußmodell aus Holz.

2013 wurden in Deutschland laut Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in allen drei Lehrjahren 93 Jugendliche zum Schuhmacher ausgebildet. Je nach Region lernen Lehrlinge im Blockunterricht oder gehen wie Terrino einmal in der Woche zur Berufsschule.

In der Ausbildung lernen sie Materialien wie Leder, Holz, Gummi oder Kunststoff und den Aufbau eines fußgerechten Schuhs kennen. Im ersten Lehrjahr stehen etwa Fußanatomie, Klebetechniken und Reparaturen am Schuhboden auf dem Lehrplan. Im zweiten Jahr lernen die Azubis, den Schuh an den menschlichen Fuß anzupassen, einen Konfektionsschuh zu bearbeiten oder Schuhböden herzustellen. Im dritten werden das Verbinden von Schaft und Schuhboden, das Anformen des Schuhbodens und Finisharbeiten unterrichtet.

Bewerber sollten ein Interesse am Handwerk und nicht allzu schlechte Schulnoten mitbringen, sagt Schulz. Einen Vorteil hat, wer gerne näht und schon handwerklich tätig war, ergänzt Terrino. Auch Interesse an Mode, Spaß am Kontakt mit Kunden und sorgfältiges Arbeiten sind wichtig. Bei der Königsdisziplin, der Maßanfertigung eines Schuhs, sind Geduld und Durchhaltevermögen essenziell. „Es dauert, bis man richtig was kann“, sagt Terrino.

Geeignete Bewerber werden gesucht. Dem Handwerk allgemein mache der demografische Wandel und der gesellschaftliche Trend zum Studium zu schaffen, sagt Alexander Legowski vom ZDH. Auch die Konkurrenz durch die Industrie sei stark. „Betriebe finden auf dem Markt wenig adäquate Fachkräfte“, sagt Schulz. Seit 2004 gibt es für das Schuhmacherhandwerk keine Meisterpflicht mehr. Damit kann jeder einen Schuhmacherbetrieb eröffnen. Wer sich selbstständig macht, hat mit dem Meisterbrief aber Vorteile. Der Schuhmacher lerne noch mehr dazu und könne mit dem Meisterbrief als Qualitätssiegel Werbung machen, sagt Schulz.

Nach der Ausbildung wird Terrino übernommen. Irgendwann will sie den Meister machen. Sie weiß, dass sie auch nach der Ausbildung nicht viel verdienen wird, nicht einmal mit eigenem Laden. Denn ein Paar handgefertigte Schuhe herzustellen, kostet viel Arbeitszeit, etwa ein bis anderthalb Wochen, und die Materialkosten zwischen 300 und 400 Euro pro Paar sind hoch.