Women first: Frauen für die IT-Branche begeistern
Berlin (dpa) - In der IT-Branche gibt es immer noch wenige Frauen, Jungunternehmer und Programmierer sind häufig männlich. Doch es tut sich etwas: Gruppen wie die Rails Girls wollen Frauen fürs Programmieren begeistern.
Der erste Schritt: Keine altbackenen Kurse.
Ute Mayer hat eine Leidenschaft, die in ihrem Umfeld immer wieder für Gesprächsstoff sorgt. Wäre sie ein Mann, wäre das vermutlich anders. „Informatik war schon immer mein Traum. Ich arbeite gern mit Computern, ich mag logisch-analytisches Denken“, sagt die Informatik-Studentin. Mit diesem Traum ist Mayer unter Frauen in der Minderheit. Im Jahr 2014 begannen rund 34 300 junge Menschen ein Informatik-Studium, das zeigen vorläufige Berechnungen des Statistischen Bundesamtes. Nur rund 7700 davon waren Frauen.
Doch Mayer will das ändern. Die 37-jährige ist Teil des Organisationsteams von Rails Girls Berlin. Die Gruppe veranstaltet Treffen, bei denen Frauen die Programmiersprache Ruby on Rails lernen können. Die Rails Girls aus Berlin arbeiten nach dem Vorbild aus Finnland, wo die Initiative 2010 startete. Mittlerweile treffen sich in Berlin alle zwei Monate 30 bis 40 Frauen zu Workshops, stetig kommen mehr Teilnehmerinnen.
Die Rails Girls wollen Hemmungen vor der Technik überwinden und mit Vorurteilen aufräumen. „Ich wollte eigentlich Informatik studieren, habe es jedoch nicht getan. Die ganzen Nerds, die ganzen Zahlen - ich dachte immer, das traue ich mir nicht zu“, sagt Mayers Mitstreiterin Thuy Le. Die Gruppe will zeigen: Programmieren kann Spaß machen.
Mayers Kopf mit den lila-Pink gefärbten Haaren schaut hinter ihrem Laptop hervor, der mit Aufklebern verziert ist. „Das hier ist ein Framework, also ein Bausatz sozusagen“, erklärt Mayer. Der Bildschirm ist voller Buchstaben und Zahlen, die auf den ersten Blick völlig unverständlich wirken. Doch wer den Einsteigerkurs mitmacht, programmiert am Ende mit Ruby on Rails eine eigene Online-Anwendung, die aussieht wie eine Art digitale Weltkarte.
Dass es so wenige Frauen im Technik und IT-Bereich gibt, begründet Mayer mit einem gesellschaftlichen Problem. „Von Mädchen werden halt andere Dinge erwartet als von Jungs. Dann heißt es oft: Du musst dich nicht so viel für Technik interessieren, dann eher für Klamotten.“ Und sollten sich Mädchen tatsächlich für IT begeistern, schwenkten sie oft doch noch um, weil sie nicht als Außenseiterinnen wahrgenommen werden wollen. „Da muss noch eine Menge passieren.“
Deshalb heißt es bei den Kursen der Rails Girls: „Women first“. „Männer können sich zwar auch bewerben, Frauen werden bei uns jedoch bevorzugt“, sagt Mayer.
Auch in der Start-up-Szene wird mittlerweile über das Thema nachgedacht. Denn die Frauenquote bei Jungunternehmen im Technologie-Sektor ist ebenfalls gering. Nur rund 11 Prozent der Start-ups werden von Frauen ins Leben gerufen, heißt es beim Deutschen Start-Up-Monitor 2014. Der Bundesverband Deutsche Startups gründete Ende November ein eigenes Netzwerk für Frauen.
Auch der High-Tech Gründerfonds, der junge Technologie-Unternehmen in der Anfangsphase finanziert, möchte speziell Frauen unterstützen. Der Fonds bietet Gründerinnen den sogenannten „preferred track“, eine Art Schnellspur zur Vorstellungsrunde. Bei einem solche „Pitch“ können Gründerinnen mögliche Geldgeber von ihrer Idee überzeugen.
„Wir wollen gezielt Frauen fördern und laden weibliche Teams daher schneller zu Pitches ein, damit sie größere Chancen haben, ihr Projekt selbst darzustellen. Bewertet werden aber alle Teams nach gleichen Kriterien“, sagt Tanja Emmerling. Sie betreut den Bereich Internet, Medien und Software beim High-Tech Gründerfonds, einem Zusammenschluss privater und öffentlicher Geldgeber.
Der Fonds unterstützt 254 Unternehmen. Etwa neun Prozent davon werden von Frauen oder gemischten Teams geführt. Diese Zahl steigt, allerdings nur langsam. „Pro Jahr gibt es da etwa ein Prozent Zuwachs“, sagt Emmerling.
Einen Grund dafür erkennt sie im Studium. „Die Technik-Studiengänge werden immer noch von wenigen Frauen belegt. Und die guten Absolventinnen werden direkt von Firmen abgeworben. Da steht das Gründen gar nicht im Fokus.“
Doch es gibt auch Gründerinnen wie Stephanie Renda. Sie hat zusammen mit ihrem Mann das Technologieunternehmen match2blue ins Leben gerufen, das Apps für Smartphones produziert. Mittlerweile ist sie Vorstandsmitglied beim Bundesverband Deutsche Startups. „Ich glaube, dass Frauen oft Angst vor der IT haben“, sagt Renda. Dabei hätten Frauen oft einen Blick dafür, Internet-Dienste bedienerfreundlicher zu machen. Das helfe, die Zielgruppe zu erreichen.
Es mangele vor allem an Vorbildern, sagt Renda. Einen großen Vorteil hätten die Frauen aber: „Natürlich profitieren Frauen in der Tech-Szene auch von einer besonderen Aufmerksamkeit und fallen mehr auf. Diesen Vorteil können sie ausspielen.“