Der Bluff mit der Fertigkost
Der Künstler Samuel Mueller fotografierte 100 selbst zubereitete Schnellgerichte und verglich sie dann mit den Bildern auf der Verpackung.
Düsseldorf. Der Appetit auf einen Hamburger aus einer Burgerkette löste vor zwei Jahren ein Kunstprojekt aus, das mittlerweile weltweit Furore macht und manchen Konsumenten zum Nachdenken anregt: Der Berliner Aktionskünstler Samuel Mueller fotografierte 100 Fertigprodukte aus Supermärkten, bereitete sie nach Anleitung zu und hielt das Ergebnis wiederum im Foto fest. Das Fazit seines vermeintlich kulinarischen Selbstversuchs: Nicht alles war so appetitlich und lecker wie es das Werbeplakat versprach.
"Ich hatte den Burger nachts in einem Restaurant bestellt. Doch was ich in der Hand hielt, entsprach nicht der Werbung über dem Tresen", erinnert sich Samuel Mueller. "Bei mir machte es klick, denn ich fragte mich, wie wohl all die anderen Gerichte in Wirklichkeit aussehen, die auf Fotos so lecker hergerichtet sind. Tatsächlich gab es viele unter den 100 Fertigprodukten, die schmeckten", so der 28-Jährige. Aber: Nicht immer überzeugte das schnelle Essen in Plastikschale und Aluminium den Gaumen. Fotos und Realität klaffen doch ziemlich auseinander.
"Ich will mit meinem Kunstprojekt nicht verurteilen, nur ablichten und den Vorher-Nachher-Aspekt demonstrieren", so der Künstler. "Es sollen keine Produkte und Marken verunglimpft oder schlecht gemacht werden", betont Samuel Mueller ausdrücklich. Ihm sei es nur wichtig, dass sich der Verbraucher gerade heute in unserer schnelllebigen Zeit mit der Werbung kritisch auseinandersetze.
Angesichts des stetig wachsenden Zeitdrucks, Hektik und Stress im Beruf sowie steigender Zahl von Single-Haushalten boomt auch das Geschäft mit Fertigprodukten und Fast-Food. Sie bestimmen die schnelle Küche all derer, die traditionelles Kochen entweder nie gelernt haben oder einfach keine Lust dazu haben.
Nicht jeder hat eben die Muße Fernsehköchen wie Tim Mälzer, Johann Lafer, Jamie Oliver oder Sarah Wiener und Horst Lichter über die Schulter zu schauen. Ganz zu schweigen von den vielen gesunden Zutaten, die in der eigenen Küche oft fehlen - für eine marinierte Putenbrust an Blattspinat und Kartoffeln mit Kräutern.
"Kunst an sich soll ja auf Umstände unserer Zeit hinweisen, sie reflektieren und Fragen aufwerfen. Die Antwort sollte sich, wie auch bei diesem Projekt, jeder selbst geben", meint Samuel Mueller, der bei seinen Ausflügen in den Supermarkt immer besonders "lecker aussehende Produkte" für sein Projekt ausgewählt hat.
Er hat auf jeden Fall all die Gerichte brav gegessen, auch wenn sie optisch nicht gerade dazu einluden - Respekt. Dabei hatte die Optik am Ende nichts mit dem Haltbarkeitsdatum oder falscher Lagerung zu tun.
"Das Phänomen scheint nicht nur auf Deutschland beschränkt zu sein", schließt der Aktionskünstler aus der gewaltigen Resonanz auf sein Kunstprojekt, dessen Bilder er ins Internet gestellt hat. "Wir bekommen viele Reaktionen aus ganz Europa sowie aus Amerika und sogar aus Brasilien. Im Supermarkt habe ich immer die Produkte ausgewählt, die meiner Meinung nach besonders lecker aussahen. Tatsächlich war ich auch gespannt darauf, wie die Produkte schmeckten."