EU-weit per Mausklick einkaufen

Internet: Oft gibt es Probleme mit ausländischen Anbietern. Neue Richtlinien sollen dies verhindern.

Brüssel. Einkaufen per Mausklick verspricht in der EU traumhafte Zuwachsraten. Binnen fünf Jahren soll sich der Umsatz beim Computer-Shopping mehr als verdoppeln: auf fast 300 Milliarden Euro. Trotzdem ärgerlich aus Sicht der Brüsseler Binnenmarkt-Strategen: Grenzüberschreitende Internet-Einkäufe sind immer noch die große Ausnahme, der skeptische Kunde klickt lieber national. Um den Internethandel zu beleben, will EU-Verbraucherschutzkommissarin Meglena Kuneva nun die Konsumentenrechte stärken.

Verspätete oder gar ausbleibende Lieferungen sowie Probleme bei Umtausch und Reklamation verursachen den größten Ärger beim grenzenlosen Internet-Handel. Diese Barrieren sollen nun verschwinden. Brüssel verspricht dem Verbraucher in der EU künftig präzise Informationen über den wahren Preis inklusive etwaiger Steuern und Gebühren eine Lieferfrist von maximal 30 Tagen, ein Widerrufsrecht von 14 Tagen (Standardformulare erleichtern Rücktritt vom Kauf) verbindliche Regeln für Umtausch, Rückerstattungen, Gewährleistung, Reparaturen.

Mit diesem Maßnahmenbündel will die resolute Kommissarin das Vertrauen des Verbrauchers in den EU-weiten Internethandel gewinnen. "Geschäftspraktiken, die den europäischen Markt künstlich und ohne Rechtfertigung zersplittern, kann die EU nicht länger tolerieren."

Wie sehr der EU-weite Internet-Handel am Boden liegt, belegen aktuelle Erhebungen. Zwar bestellen bereits 150 Millionen Europäer Waren per Mausklick, aber nur jeder Fünfte tut’s grenzüberschreitend. Das entspricht im Schnitt gerade einmal 7 Prozent aller erwachsenen EU-Konsumenten. Zum Vergleich: In Dänemark kaufen bereits 63 Prozent online ein und sogar 23 Prozent grenzüberschreitend. In Deutschland hingegen shoppen 40 Prozent im Internet und nur sechs Prozent grenzüberschreitend. In neuen Mitgliedsstaaten wie Bulgarien und Rumänien gehen die Anteile sogar gegen Null.

Dabei können clevere Verbraucher beim Online-Einkauf im Ausland bares Geld sparen. Eine Digitalkamera, in diesem Fall eine "Panasonic Lumix DMC-FZ 8", ist nach EU-Erhebungen in Finnland 33 Prozent teurer als in Deutschland (229 Euro), in Großbritannien kostete sie sogar nur 198 Euro.

Trotz der Aussicht auf jede Menge Schnäppchen im Netz fehlt den Bürgern das Vertrauen in den EU-weiten Internethandel, 37 Prozent der EU-Bürger vertrauen nur einheimischen Anbietern. Und das aus gutem Grund. Denn oft versuchen gewiefte Online-Anbieter, den Verbraucher hereinzulegen. Wer nicht aufpasst, übersieht Kreuzchen, die automatisch vor bestimmten "Sonderangeboten" stehen. Löscht er es nicht, kauft er etwa zum Flugticket auch noch eine gar nicht gewünschte Reiserücktrittsversicherung. Diese "Kreuzchen"-Tricks will Brüssel nun unterbinden, bereits geleistete Zahlungen müssen erstattet werden.

Ebenfalls ärgerlich sind nationale Beschränkungen beim Bezahlen mit Kreditkarte. So wird ein Belgier, der auf einer französischen Website eigentlich günstig einkaufen könnte, automatisch auf die teurere belgische Website zurückgeleitet, sobald er seine Kreditkartennummer einträgt. Zusammen mit Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes will Meglena Kuneva auch dieses Ärgernis aus der Welt schaffen.

Der Richtlinien-Entwurf, der heute vorgelegt wird und noch die Zustimmung von EU-Parlament und -Rat benötigt, stößt in Deutschland auf ein sehr geteiltes Echo. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag befürwortet das Vorhaben und dringt sogar auf Vollharmonisierung. So soll eine so genannte Binnenmarktklausel nationale Detailvorschriften zu Schriftgröße oder Sprache der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verhindern. Der Verbraucherzentrale Bundesverband dagegen befürchtet, dass die hohen Verbraucherschutz-Standards in Deutschland infolge der EU-Harmonisierung in Teilen gesenkt werden.